Beiliegend erlaube ich mir Ihnen unter Kreuzband einen Separatabdruck aus dem jüngsten Hefte der Zeitschrift für Rechtsgeschichte zu senden, um an die Übersendung eine Bitte zu knüpfen. Den Aufsatz Sippe und Wergeld, der Ihnen die Zeit kaum lohnen dürfte, bitte ich auf alle Fälle zunächst zu überschlagen. Dagegen mache ich Sie auf den Anhang über die Quellen des sogenanntenRheingauer Landrechts aufmerksam. Da er nur circa ein Dutzend Seiten füllt, dürfte es nicht unbescheiden sein, wenn ich sie bitte ihn durchzulesen. Es handelt sich dabei um ein Opus Bodmanns. Anfangs war ich Willens Bodmann geradezu der Fälschung zu zeihen. Da nur aber Sprachgermanisten sagten, daß Bodmann den mittelhochdeutschen Text unmöglich fabricirt haben kann und da ältere Historiker die Möglichkeit einer Fälschung von Seite des „trefflichen“ Bodmann zurückweisen, so beschränkte ich mich | auf das im Texte Gesagte. Etwas anderes stellt sich nun die Sache, seit ich höre, daß Sie jüngst in München dem Bodmann Fälschung und Flunkerei nachgewiesen haben. Ich bin auch jetzt zwar noch der Überzeugung, daß Bodmann eine echte mittelhochdeutsche Übersetzung der beiden fremden Rechtsquellen vorgeschlagen hat, glaube aber nunmehr bestimmt, daß Bodmann sämmtliche Beziehnungen auf den Rheingauhineingefälscht hat.
Auf alle Fälle aber wäre es mir von großem Interesse von Ihnen zu erfahren, ob Ihnen bei Ihren Untersuchungen über die MainzerQuellen eine Spur von dem pagina 87 erwähnten Codex membranaceus der Kurmainzischen Regierungsregistratur2 vorgekommen ist oder ob etwa deren Codex zu denjenigen gehört, die Bodmann erdichtet hat.
Für Ihre freundliche Antwort im Voraus besten Dank sagend
1Ort und Datum stehen auf letzter Briefseite, unten, linksbündig. 2Erwähnt in dem oben genannten Aufsatz des Verfassers auf S. 87, der dies bereits im Kontext der Fälschung sieht. 3Ggf. Abkürzung für Wiesen (Schöneberger Wiesen), wo die heute nicht mehr existierende „Matthäi-Kirchstraße“ gelegen war (heute Berlin-Tiergarten).
Brunner, HeinrichHeinrich Brunner11866770X18401915Brunner, Heinrich (1840–1915), im oberösterreichischen Wels geborener Rechtshistoriker, der von 1858 bis 1860 Rechtswissenschaft an der Universität Wien studierte, im Jahre 1864 zum Dr. jur. beider Rechte promoviert wurde und sich 1865 in Wien habilitierte. Von 1866 bis 1870 war er zunächst außerordentlicher Professor, ab 1868 Ordinarius an der Universität Lemberg, von 1870 bis 1872 an der Universität Prag, von 1872 bis 1874 an der Universität Straßburg und dann bis zu seinem Lebensende an der Universität Berlin, deren Rektor er 1896/97 auch war.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
Bodmann, Franz Joseph Ignaz11621624717541820Bodmann, Franz Joseph Ignaz (1754–1820), war ein aus Unterfranken stammender deutscher Rechtshistoriker und Jurist.
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
RheingauWestlich von Wiesbaden an den südlichen Taunus-Hängen rechtsrheinisch gelegenes Weinanbau-Gebiet.
KreuzbandPostsendungen unter Kreuzband waren Drucksachen gegen eine ermäßigte Gebühr vorbehalten.
Zeitschrift für RechtsgeschichteNoch heute bestehende rechtswissenschaftliche Zeitschrift, die seit 1861 in Tradition der „Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte“ erschien, welche 1815 ins Leben gerufen wurde und welche 1880 aufgeteilt wurde in eine romanistische und eine germanistische Abteilung, im 20. Jahrhundert kam eine kanonistische Abteilung hinzu.
RechtsgeschichteIm 19. Jahrhundert entstandene interdisziplinäre Wissenschaft, die sowohl der Rechts- wie der Geschichtswissenschaft zuzuordnen ist.
Sippe und WergeldAufsatz des Rechtshistorikers Heinrich Brunner (1840-1915) mit einem Anhang zum „Rheingauer Landrecht“, der 1882 in der „Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte“, 3. Band, zugleich 16. Band der „Zeitschrift für Rechtsgeschichte. Germanistische Abtheilung“ erschien, S- 1-101.
Quelle(n), historischeTexte als Quellen und andere Zeugnisse wie Sachquellen, Bildquellen, auch Zeitzeugenberichte und Ähnliches sowie abstrakte Quellen, die die vergangene Geschichte unmittelbar erleuchten und dabei helfen, bei historisch-kritischer Behandlung, die Vergangenheit entsprechend zu beleuchten, zu rekonstruieren, neue Erkenntnisse darüber zu gewinnen sowie einordnen und bewerten zu können; eindeutig abgegrenzt werden die Quellen von der fachwissenschaftlichen Literatur in Form sogenannter Darstellungen, in der Germanistik auch als Sekundärliteratur im Gegensatz zur Primärliteratur bezeichnet.
SprachgermanistenForschende auf dem Gebiet der Sprachwissenschaft bzw. Linguistik als Teilgebiet der Germanistik.
mittelhochdeutschAdjektiv zu Mittelhochdeutsch als Sprachstufe des Deutschen, die im oberdeutschen und mitteldeutschen Raum zwischen 1050 und 1350 gesprochen wurde.
HistorikerGeschichtswissenschaftler.
MainzerZu Mainz gehörend, auf Mainz bezogen, Mainz zuzuordnen.
paginaAus dem Lateinischen für: Blatt oder Seite.
Codex membranaceusKodex mit Seiten aus Pergament.
Codex, CodicesKodex, aus dem Lateinischen stammend, Plural Codices, in Bezug auf das Mittelalter bezogen auf eine Sammlung von Handschrift(en), welche zwischen Holzdeckeln zu einer Art Buch zusammengefügt sind; im übertragenen Sinne auch Bezeichnung für eine Sammlung geschriebener oder auch ungeschriebener Verhaltensregeln innerhalb einer Gesellschaft, Menschengruppe, eines Standes etc.
Matthäi-Kirchstraße (Berlin)Historische Straße in Berlin, welche von 1846 bis 1934 diesen Namen trug, welche heute Herbert-von-Karajan-Straße heißt und in Berlin-Tiergarten gelegen ist.
Mehrere Registerverweise
Zitierempfehlung
Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers Karl Hegel (1813-1901), bearbeitet von Helmut Neuhaus und Marion Kreis