Berlin den 26sten September 1885
Lieber Karl!
Mit herzlichem Dank erwiedere ich Deine brüderlichen Wünsche in Deinem lieben Briefe vom 23sten dieses Monats zu meinem Geburtstag. Ich erkenne es als eine große Gnade Gottes, daß Er es mir, ebenso wie Dir in unserem Alter vergönnt, noch nach dem Maaße unserer Kräfte thätig zu sein und in dem Kreise unserer Familie uns der Liebe und des Segens erfreuen zu können. Es war jetzt auch mir und den Meinigen eine herzliche Freude, Deinen Sigmund in meinem Hause beherbergen zu dürfen und daß wir ihn dadurch näher kennen gelernt haben; und wir alle haben ihn herzlich lieb gewonnen. In seinem ehrlichen Charakter und bescheidenen, natürlichem und anständigem Benehmen hat er uns sehr wohl gefallen, und wir haben auch seinen praktischen Sinn anerkannt, mit dem er sich in dem großen Berlin überall zurecht gefunden und alles, was in der kurzen Zeit aufgesucht werden konnte, mit empfänglichem Interesse gesehen hat. Er hat die Zeit redlich und mit Ausdauer ausgenutzt. Wir konnten ihm | dabei meistens nur Rath und Anweisung geben; im Uebrigen war er auf Bädecker angewiesen, den er auch trefflich genützt hat. Besonders mußten wir es rühmen, wie er seine Wanderung in Potsdam zwekmäßig und mit bestem Erfolge ausgeführt und zuletzt noch Theodor durch seinen Besuch höchlich erfreut hat. Ich habe mir zuletzt an meinem Geburtstag selbst die Freude gemacht, ihn mit einer soliden silbernen Uhr auszustatten, da seine eigene Uhr, vom Onkel Georg geerbte in Altersschwäche den Dienst versagte, und namentlich ein Reisender, schon wegen der Eisenbahnzüge mit einer zuverlässigen Uhr versehen sein muß. – Willy wird es sehr bedauern, daß er in dieser Zeit nicht anwesend war; er hätte ihm noch in mancher Hinsicht behülflich sein können. Sein letzter Brief kam aus Lausanne zu meinem Geburtstag mit nachfolgenden herrlichen Früchten, Pfirsiche und Weintrauben, dieses schönen Landes. Er hatte nach den oberitalienischen Seen noch den Genfer See, Zermatt und Chamonnix besucht und wollte nun über Bern, Interlaken, Luzern, Bodensee, Lindau und München zurükkehren und wenn die Zeit reicht, auch Euch in Erlangen besuchen. Ich fürchte, daß zu diesem Allen die noch | übrigen wenige Tage seines Urlaubs nicht ausreichen werden. Ich habe ihm nach München geschrieben, daß er Dich in nächster Woche vielleicht in Nürnberg und München treffen könne, weiß aber nicht, ob ihn dieser Brief noch erreichen werde.
Die Generalsynode ist zum 10ten October berufen, und ich muß mich fleißig mit den Vorarbeiten dazu beschäftigen. Da die preußischen Landtagswahlen auf den 28ten October dieses Jahres angesetzt sind, so kann die Synode nicht länger als 14 Tage dauern, weil die meisten Mitglieder, namentlich Oberpräsidenten, Landräthe und dergleichen dann nach Hause eilen müssen. Die Zeit von zwei Wochen ist für den Umfang der Aufgaben der Synode sehr kurz bemessen und es wird große Anstrengung erfordern, um auch das Nöthigste zu erledigen.
In München bitte ich Dich Harsdorfers, Tante Thekla und Anna Mangelsdorf unsere herzlichen Grüße zu überbringen. Es war sehr zu beklagen, daß unser Zusammensein in Engelberg durch Harsdorfs Unwohlsein gehindert war; ich habe mich mit ihm, als einem freundlichen und verständigen Manne recht gut verständigt. Ich wünsche Dir in München gutes Wetter, wie auch Dein Sigmund hier | davon begünstigt war; er wird, nachdem er einen Tag in Hamburg zugebracht, heute in Kiel zu seinem Freunde ankommen.
Für die schöne Photographie des herrlichen Bildes von Albrecht Dürer danke ich Dir auch noch herzlich; es ist ein höchst ausdrucksvoller Kopf.
Deinen lieben Kindern senden wir Alle viele herzliche Grüße mit dem Wunsche des besten Wohlergehens.
In treuer Liebe
Dein Bruder
Immanuel
Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel)Immanuel HegelJurist/Konsistorialpräsident der Provinz Brandenburg11657072518141891 Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel) (1814–1891), Bruder Karl Hegels, studierte von 1832 bis 1834 und von 1835 bis 1836 Jura an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, von 1834 bis 1835 an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München, trat 1836 in den preußischen Staatsdienst ein und war als Verwaltungsjurist in verschiedenen Verwendungen des Königreichs Preußen, vor allem im Staatsministerium, tätig, wurde 1865 Präsident des Konsistoriums der Provinz Brandenburg, heiratete 1845 Friederike Flottwell (1822–1861) und 1865 Clara Flottwell (1825–1912), beide Töchter des oftmaligen preußischen Oberpräsidenten und Staatsmanns Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865), war u. a. Vater des preußischen Verwaltungsbeamten und Politikers Wilhelm (Willi) Hegel (1849–1925), war 1856 Taufpate seines Neffen Georg Hegel (1856–1933).
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
Privatbesitz
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Privatbesitz
1000
Hegel, Sigmund (Mundel, Mundulus, Munerle)Sigmund Hegel11657085718631945Hegel, Sigmund (1863–1945), sechstes Kind (zweiter Sohn) Karl (1813–1901) und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878), Mitglied des Corps Onoldia in Erlangen, Chemiker, Kaiserlicher Geheimer Regierungsrat am Reichspatentamt in Berlin.
Hegel, Wilhelm (Willi)Wilhelm Hegel13593263718491925Hegel, Wilhelm (Willi) (1849–1925), in Berlin geborener Sohn Immanuel (1814–1891) und Friederike Hegels (1822–1861), Ehemann Armgard Hegels, geb. Wulffen (1862–1928), und Neffe Karl Hegels. Er war hoher preußischer Verwaltungsbeamter, u. a. von 1886 bis 1890 Landrat des Kreises Jerichow I, von 1895 bis 1905 Regierungspräsident von Gumbinnen, von 1905 bis 1908 in Allenstein, von 1908 bis 1917 Oberpräsident der Provinz Sachsen. Es war von 1887 bis 1890 Mitglied des Deutschen Reichstages und wurde im Jahre 1909 in den erblichen preußischen Adelsstand erhoben.
Dürer, Albrecht11852786X14711528Dürer, Albrecht (1471–1528), Nürnberger Maler.
Potsdam52.4009309,13.0591397Garnisons- und Residenzstadt des Königreichs Preußen an der Havel, etwa 30 Kilometer südwestlich von Berlin gelegen.
Lausanne46.5218269,6.6327025Etwa 220 Kilometer südwestlich von Zürich am Nordufer des Genfer See gelegener Hauptort des Schweizer Kantons Waadt.
Genfersee, Genfer See (Lac Léman)46.361350200000004,6.393247037248148Zur Schweiz und zu Frankreich gehörender größter See in der südwestlichen Schweiz mit der Großstadt Genf am südwestlichsten Ende gelegen.
Zermatt46.0212076,7.749254Etwa je 230 Kilometer südwestlich von Zürich und nordwestlich von Mailand am Fuße des 4478 Meter hohen Matterhorns gelegene Gemeinde im Schweizer Kanton Wallis.
Chamonix45.9246705,6.8727506Etwa 80 Kilometer südöstlich von Genf zu Füßen des Mont Blanc gelegene französische Gemeinde.
Bern46.9484742,7.4521749Etwa 120 Kilometer südwestlich von Zürich und etwa 150 Kilometer nordöstlich von Genf gelegene Bundesstadt (Hauptstadt) der Schweizer Eidgenossenschaft an der Aare.
Interlaken46.6855231,7.8585139Stadt in der Schweiz zu Füßen der Berner Hochalpen mit den Gipfeln von Eiger, Mönch und Jungfrau zwischen Thuner See im Westen und Brienzer See im Osten, 15 Kilometer nördlich von Wengen.
Luzern47.0505452,8.3054682Hauptort des Schweizer Kantons Luzern am nordwestlichen Ufer des Vierwaldstätter Sees, etwa 45 Kilometer südwestlich von Zürich und etwa 80 Kilometer östlich der Schweizer Hauptstadt Bern gelegen.
Bodensee47.6477691,9.347179603746703Vom Rhein durchflossener See im Süden Deutschlands, der zugleich ein Teil der Schweizer Eidgenossenschaft und Österreichs ist.
Lindau47.550753,9.6926624Seit 1806 Stadt und Insel des Königreiches Bayern, am Nordostufer des Bodensees gelegen.
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Nürnberg49.453872,11.077298In Franken an der Pegnitz gelegene ehemalige Reichsstadt, seit 1806 Stadt des Königreichs Bayern.
Engelberg46.8223497,8.4043996Etwa 80 Kilometer südlich von Zürich und südlich des Vierwaldstätter Sees gelegene Schweizer Gemeinde, die auf eine Benediktinerabtei zurückgeht. Das Kloster Engelberg wurde im Jahre 1120 gegründet.
Hamburg53.550341,10.000654Alte Hanse- und Hafenstadt an der Elbe, etwa 100 Kilometer vor deren Mündung in die Nordsee.
Kiel54.3227085,10.135555Im 13. Jahrhundert gegründete Hansestadt an der Ostsee, etwa 90 Kilometer nördlich von Hamburg gelegen, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts dänisch war und 1815 mit dem Herzogtum Holstein zum Deutschen Bund kam. Durch die Eisenbahnlinie zwischen Kiel und Altona wurde 1844 der Ostseehafen über die Elbe mit der Nordsee verbunden.
Generalsynode (Königreich Preußen)Die erste Generalsynode der Evangelischen Landeskirche im Königreich Preußen tagte nach vorbereitenden Kreis- und Provinzilsynoden in den Jahren 1843 und 1844 vom 2. Juni bis 29. August 1846 im Berliner Stadtschloß.
Landtag (Königreich Preußen)Der preußische Landtag war nach der „oktroyierten“ Verfassung vom 31. Januar 1850 eine aus zwei Kammern – Herrenhaus bzw. Erste Kammer und Abgeordnetenhaus bzw. Zweite Kammer – bestehendes Parlament, dessen Abgeordnete nach dem Dreiklassenwahlrecht gewählt wurden. Die Mitglieder des Herrenhauses wurden ab 1853 nicht mehr gewählt, sondern wurden vom König ernannt oder hatten einen erblichen Sitz.
OberpräsidentKurzform für die Amtsbezeichnung „Oberregierungspräsident“, des höchsten Verwaltungsbeamten in den Provinzen des Königreichs Preußen.
LandratIm Königreich Preußen Leiter der untersten staatlichen Verwaltungsbehörde, des Landratsamtes.