Berlin den 4ten Dezember 1886
Willis Geburtstag, 37 Jahre alt
Lieber Karl!
Dein lieber Brief vom 21sten vorigen Monats, von Sophiens fleißiger Hand sehr hübsch geschrieben, hat mich recht betrübt, da er von Deinem fortdauernden Augenleiden Zeugniß gab. Dies hartnäkige Uebel ist für Dich eine große Geduldsprobe; hoffentlich wirst Du es durch sorgfältige Schonung mit Gottes Hülfe überwinden, und das schöne Weihnachtsfest mit freudigem Dank feiern können.
Bei uns ist in diesen Tagen ein wichtiges und sehr erfreuliches Ereigniß eingetreten; Willi hat sich nemlich mit einer Jungfrau seines Kreises, Fräulein Armgard von Wulffen zu Pitzpuhl verlobt; der Vater ist vor einem Jahr gestorben, die Mutter, eine stattliche, kluge und wohlgesinnte Frau, bewirthschafthet ihr bedeutendes Gut in der Nähe von Burg. Er war kurz vorher zu uns gekommen, um den ernsten Schritt mit uns zu berathen und auf unsere herzliche Zustimmung hat er bei der Mutter um das Mädchen angehalten und mit ihrer Erlaubniß sich ihr Ja geholt. Am folgenden Tag, dem letzten Donnerstag, | kamen sie durch Telegramm angekündigt, alle, Willi, Armgard und die Mutter, eine geborene von Thümen, hierher zu uns und es wurde zu Mittag ein herzliches und frohes Verlobungsfest gefeiert, an dem auch Marie und Rudel Theil nahmen. Am Abend kehrten sie wieder nach Burg zurük. Braut und Mutter machten einen sehr günstigen Eindruk. Armgard, 23 Jahr alt, ist eine große stattliche Erscheinung und wir konnten sie mit aufrichtiger Freude als Tochter willkommen heißen. Willi war überglücklich in Freude und Aufregung, und wir sehen nun unseren Wunsch in schöner Weise erfüllt. Es war auch für ihn die Verheirathung ein dringendes Bedürfniß, denn auf die Dauer als Junggeselle in Burg zu leben, wäre unleidlich gewesen, und er wird doch eine Reihe von Jahren dort im Amt wirken müssen. Die Braut hat ein väterliches Vermögen von 20.000 Thalern, so daß er damit von ihr einen Zuschuß zu seinem Amtseinkommen erhalten kann, den er zu einem standesmäßigen Leben mit Familie nöthig haben wird. Bei seinem sanguinischen gemüthlichen Charakter braucht | er auch eine tüchtige Hausfrau, die Alles gut zusammenhält, und wir hoffen, daß er eine solche in Armgard gewonnen hat. Sie hat noch mehrere Brüder und zwei verheirathete Schwesternn, die eine in Brandenburg, Frau eines Kürassieroffiziers, die andere an einen Gutsbesitzer von Bredow auf Ihlo bei Wriezen an der Oder verbunden. Dieses letztere junge Ehepaar, das sich gerade in Berlin aufhielt, kam auch zu uns nach Tisch; beide liebenswürdige Menschen. So glauben wir, daß unser Willi eine gute Wahl nach menschlichem Urtheil getroffen hat und erbitten ihm dazu Gottes Gnade und Segen; denn zuletzt ist doch an Gottes Segen, besonders zum ehelichen Leben Alles gelegen. Ich will heute Nachmittag nach Potsdam zu Theodor fahren, um auch ihm das Nähere zu erzählen.
Bei Bitters sind alle drei Kinder von den Masern befallen worden; zum Glük nach dem Jubiläum und vor Weihnachten; nachdem der Ausschlag kräftig herausgekommen, sind sie alle wieder aufgestanden. Zuerst fing der kleine Rudi an und Konrad wurde, da er sonst die Schule hätte versäumen | müssen, zu uns übersiedelt; nach einer Woche kamen sie aber auch bei ihm zum Vorschein und wurde er sogleich wieder nach Hause gebracht. – Am nächsten Montag Abend erwarten wir zu einem längeren Besuch die jüngste Tochter meiner Schwägerin Pauline in Danzig; Klara, genannt Olli, kommt von Breslau, wo sie sich eine Woche lang bei Onkel Adalbert aufgehalten hat.
Das Leiden der Frau von Friedrich von Tucher in Simmelsdorf erfüllt mich mit herzlicher Theilnahme; eine schwere Heimsuchung für die Kinder und den armen Friedrich in seinem einsamen Leben.
Gestern las ich in der Zeitung, daß Dein Schwiegersohn Klein in Göttingen den rothen Adler Orden erhalten; ein Zeichen, daß er auch bei uns hochgeschätzt wird.
Deinen lieben Kindern von uns Allen die herzlichsten Grüße. Gott nehme Dich in Seinen gnädigen Schutz!
In herzlicher Liebe
Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel)Immanuel HegelJurist/Konsistorialpräsident der Provinz Brandenburg11657072518141891 Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel) (1814–1891), Bruder Karl Hegels, studierte von 1832 bis 1834 und von 1835 bis 1836 Jura an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, von 1834 bis 1835 an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München, trat 1836 in den preußischen Staatsdienst ein und war als Verwaltungsjurist in verschiedenen Verwendungen des Königreichs Preußen, vor allem im Staatsministerium, tätig, wurde 1865 Präsident des Konsistoriums der Provinz Brandenburg, heiratete 1845 Friederike Flottwell (1822–1861) und 1865 Clara Flottwell (1825–1912), beide Töchter des oftmaligen preußischen Oberpräsidenten und Staatsmanns Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865), war u. a. Vater des preußischen Verwaltungsbeamten und Politikers Wilhelm (Willi) Hegel (1849–1925), war 1856 Taufpate seines Neffen Georg Hegel (1856–1933).
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
Privatbesitz
.
Privatbesitz
1000
Hegel, Sophia (Sophiechen)Sophie Hegel-18611940Hegel, Sophia (Sophiechen) (1861–1940), vierte und jüngste Tochter Karl und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878); sie blieb unverheiratet und absolvierte Stationen in München und Göttingen in den Haushalten der Schwestern Luise Lommel, geb. Hegel (1853–1924), und Anna Klein, geb. Hegel (1851–1927), später eine ca. 20 Jahre währende Tätigkeit als Lehrerin/Erzieherin an einem englischen Mädchenpensionat in Malvern, ab 1910 wieder in der Familie ihrer schwerhörigen Schwester Anna Klein lebend und dort vor allem in der Erziehung und Krankenpflege helfend; spätere Arbeit im sozialen Bereich in Göttingen.
Hegel, Wilhelm (Willi)Wilhelm Hegel13593263718491925Hegel, Wilhelm (Willi) (1849–1925), in Berlin geborener Sohn Immanuel (1814–1891) und Friederike Hegels (1822–1861), Ehemann Armgard Hegels, geb. Wulffen (1862–1928), und Neffe Karl Hegels. Er war hoher preußischer Verwaltungsbeamter, u. a. von 1886 bis 1890 Landrat des Kreises Jerichow I, von 1895 bis 1905 Regierungspräsident von Gumbinnen, von 1905 bis 1908 in Allenstein, von 1908 bis 1917 Oberpräsident der Provinz Sachsen. Es war von 1887 bis 1890 Mitglied des Deutschen Reichstages und wurde im Jahre 1909 in den erblichen preußischen Adelsstand erhoben.
Wulffen, Odo Werner-18291885Wulffen, Odo Werner (1829–1885), Ehemann von Anna Klara Louise Marie Wulffen, geb. Thümen (*1839).
Bitter, Rudolf11619799418461914Bitter, Rudolf, der Jüngere (1846–1914), in Merseburg geborener preußischer Verwaltungsjurist und Politiker, Sohn (Hans) Rudolf Bitters, des Älteren (1811–1880), und Anna Bitters, geb. Nauen, 1819–1885) sowie Ehemann Marie Bitters, geb. Hegel (1848–1925). Nach seinem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten Berlin, Bonn und Lausanne ging er im Jahre 1873 in den preußischen Verwaltungsdienst in Posen, wurde 1875 Landrat im schlesischen Kreis Waldenburg, wechselte von 1882 bis 1888 und in den Jahren 1898/99 (als Ministerialdirektor) ins preußische Innenministerium, wurde 1888 Regierungspräsident in Oppeln, 1899 Oberpräsident der Provinz Posen. Von 1879 bis 1888 war er als Mitglied der Freikonservativen Fraktion Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses.
Pieschel, Karl-1887Pieschel, Karl († 1887), Kürassieroffizier, Ehemann Editha Aurelie Pauline Pieschels, geb. Wulffen (*1860).
Flottwell, Johanna Pauline, geb. Frantzius
-18341897Flottwell, Johanna Pauline, geb. Frantzius (1834–1897), siehe auch: Frantzius, Johanna Pauline.
Flottwell, Adalbert JuliusAdalbert Julius Flottwell11663105818291909Flottwell, Adalbert Julius (1829–1909), in Marienwerder geborener Sohn Eduard Heinrich Flottwells (1786–1865) und seiner zweiten Ehefrau Auguste Flottwell, geb. Lüdecke (1794–1862), der nach seinem 1849 begonnenen Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Berlin preußischer Beamter und Politiker wurde. Verheiratet mit Ella (Else) Flottwell, geb. Oppen-Gatersleben (1841–1916), war er von 1861 bis 1868 Landrat von Meseritz in der Provinz Posen, gleichzeitig von 1866 bis 1868 Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses, dann von 1868 bis 1872 Landesdirektor im Fürstentum Waldeck-Pyrmont, von 1872 bis 1875 Kabinettsminister im Fürstentum Lippe, von 1875 bis 1880 Regierungspräsident in Marienwerder, dazu von 1878 bis 1881 Mitglied des Deutschen Reichstages, sowie ab 1880 Präsident des seit 1871 bestehenden preußischen Bezirks Lothringen in Metz. Bis 1902 war er schließlich Direktor der Schlesischen Bodenkreditbank.
Tucher, Friedrich Wilhelm Sigmund Friedrich Wilhelm Sigmund Tucher116153730918461924Tucher, Friedrich Wilhelm Sigmund (1846–1924), Sohn Johann Sigmund Karl Tuchers (1794–1871) und Maria Magdalena Tuchers, geb. Grundherr (1802–1876), jüngster Bruder Susanna Maria Hegels (1826–1878), Taufpate Gottlieb Friedrich Hegels (1867–1874), 1867 Forsteleve in Aschaffenburg, Ehemann Auguste Marianna Tuchers, geb. Stramer (1857–1887), nach deren Tod ab 1888 Maria Margarethe Charlotte Tuchers, geb. Anns (1852–1917).
Klein, FelixFelix Klein11856286X18491925Klein, Felix (1849–1925), in Düsseldorf geborener Mathematiker, der von 1872 bis 1875 ordentlicher Professor an der Universität Erlangen war, dann bis 1880 an der Technischen Hochschule München, bis 1886 an der Universität Leipzig und bis 1913 an der Universität Göttingen, Ehemann Anna Maria Carolina Kleins, geb. Hegel (1851–1927).
Pietzpuhl52.2102445,11.848278Etwa 20 Kilometer nordöstlich von Magdeburg und etwa acht Kilometer südlich von Burg im Jerichower Land gelegener Ort mit einem Rittergut und Schloß, das im Jahre 1730 abgerissen und durch einen barocken Neubau ersetzt wurde.
Burg52.2705632,11.8588198Etwa 25 Kilometer nordöstlich von Magdeburg und etwa 120 Kilometer südwestlich von Berlin gelegene Kreisstadt.
Brandenburg52.4108261,12.5497933Etwa 70 Kilometer westlich von Berlin an der Havel gelegene Stadt, in deren Dom im Herbst 1848 für etwa einen Monat die vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) aus Berlin vertriebene Preußische Nationalversammlung tagte.
Ihlo(w)52.6201609,14.0708828Etwa 15 Kilometer südwestlich von Wriezen und etwa 55 Kilometer östlich von Berlin auf dem Barnim gelegenes Gut.
Wriezen52.7167845,14.1365723Etwa 60 Kilometer nordöstlich von Berlin und etwa 100 Kilometer südwestlich von Stettin am westlichen Rand des Oderbruchs gelegene Stadt.
OderIm mährischen Odergebirge entspringender und durch das Stettiner Haff in die Ostsee mündender, etwa 860 Kilometer langer Fluß.
Potsdam52.4009309,13.0591397Garnisons- und Residenzstadt des Königreichs Preußen an der Havel, etwa 30 Kilometer südwestlich von Berlin gelegen.
Danzig54.3706858,18.61298210330077Ehemalige Hansestadt und alte Handelsstadt an der Ostsee, etwa 500 Kilometer nordöstlich von Berlin gelegen. Im Jahre 1815 kam sie ans Königreich Preußen.
Breslau51.1089776,17.0326689Etwa 380 Kilometer südöstlich von Berlin gelegene Hauptstadt der preußischen Provinz Schlesien am Oberlauf der Oder, die als Herzogtum Schlesien im Jahre 1742 vom Erzherzogtum Österreich an das Königreich Preußen überging.
Simmelsdorf49.5972637,11.3379197Namengebender Sitz der Nürnberger Patrizier-Familie Tucher von Simmelsdorf, 1598 erworben, nordöstlich der alten Reichsstadt Nürnberg gelegen. Das Alte Tucher-Schloß, ursprünglich ein Wasserschloß, wurde in den 1830er Jahren im gotischen Stil umgebaut, das „Neue Herrenhaus“ 1808 erbaut.
Göttingen51.5328328,9.9351811Circa 100 Kilometer südlich von Hannover und südwestlich des Harzes gelegene Stadt mit einer 1737 eröffneten Universität.
Roter Adlerorden (Preußen)Preußischer Verdienstorden, der 1705 vom fränkischen Hohenzollerprinzen und späteren Markgrafen der Markgrafschaft Brandenburg-Bayreuth Georg Wilhelm (1678-1726) als „Ordre de la Sincérité“ gestiftet wurde und nach dem Anfall der fränkischen Gebiete des Hauses Hohenzollern an das Königreich Preußen im Jahre 1792 vom preußischen König verliehen wurde.