An
den königlichen akademischen Senat
Erlangen im September 1887.
Hochverehrte Herren Collegen!
Die Ehrenbezeugungen, welche mir von Seiten der Universität, der ich nun seit 31 Jahren anzugehören die Ehre habe, an meinem 50jährigen Doctorjubiläum zu Theil geworden sind, haben mich zum tiefgefühlten und wärmsten Danke verpflichtet, welchen auch schriftlich auszusprechen mir Bedürfniß ist.
In der mir gewidmeten Tabula gratulatoria sehe ich die Verdienste, welche Sie meiner Lebensarbeit nach den verschiedenen Seiten ihrer Bethätigung zuerkennen, im reichsten Maße gewürdigt. Die ebenso warmen als | beredten Ansprachen des Herrn Collegen Steinmeyer, als Stellvertreter des Decans, im Beisein der in corpore erschienenen philosophischen Facultät, dann des Herrn Prorectors Dr. Hölder an der Spitze der großen Deputation der Universität, dazu die besonderen Begrüßungen und Glückwünsche, die mir von einzelnen Collegen und Freunden dargebracht wurden, endlich die mit einem solennen Mittagsmahl begangene Festfeier, wobei das Gefühl der collegialen Gemeinschaft nicht bloß, auch der Freundschaft, zum wärmsten Ausdruck kam – Alles das hat mich tief ergriffen und mir die Überzeugung verschafft, daß mein Leben und Wirken in Ihrer Mitte nicht vergeblich gewesen ist und daß Sie bei nachsichtiger Beurtheilung meiner Mängel und Schwächen, die Ihnen am wenigsten verborgen bleiben konnten, doch mein aufrichtiges Streben für das Wohl unserer Universität im vollsten Maße zu würdigen wissen. |
In der That konnte nichts für mich wohlthuender sein, als die wiederholt ausgesprochene Anerkennung, daß es mir bei der gemeinsamen Behandlung unserer Universitätsangelegenheiten in Senat und Fakultät immer nur auf die Sache angekommen sei und ich bloße Meinungsverschiedenheiten nicht auf das persönliche Verhältniß habe zurückwirken lassen. Und diese Zeugniß bestärkt mich mehr als Alles in dem Vorsatz, auch fortan, so weit meine Kräfte reichen, mich auch weiterhin in Ihrer Mitte für das Wohl unserer Universität zu bethätigen. Denn, wenn ich auch auf meine Lehrthätigkeit verzichtet habe, um meine letzten Lebensjahre der Wissenschaft in litterarischer Arbeit zu widmen, gehöre ich doch mit meinem Denken und Sein unserer Universität an, von der ich mich nimmermehr getrennt denken kann.
Ich bitte Sie daher, meine hochverehrten Herren Collegen, mir auch fernerhin Ihr höchst schätzbares Wohlwollen zu bewahren und Ihre Nachsicht nicht zu versagen, so oft ich deren bedürftig bin.
Erlangen im September 1887
In unverbrüchlicher Dankbarkeit
und Verehrung
Professor Dr. Karl Hegel.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Akademischer Senat der königlichen Universität ErlangenAkademischer Senat der königlichen Universität Erlangen
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Universitätsarchiv Erlangen: Personalakten Erlanger Professoren 1856-1901
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UA Erlangen-Nürnberg
1000
Neuhaus
, Helmut: Karl Hegel – Historiker im 19. Jahrhundert. Unter Mitarbeit von Katja Dotzler, Christoph Hübner, Thomas Joswiak, Marion Kreis, Bruno Kuntke, Jörg Sandreuther und Christian Schöffel (= Erlanger Studien zur Geschichte, Bd. 7/Katalog zur Ausstellung des Instituts für Geschichte der Universität Erlangen-Nürnberg vom 20. November bis 16. Dezember 2001), Erlangen, Jena 2001.
Karl Hegel – Historiker im 19. Jahrhundert
2001
Steinmeyer, Emil EliasElias Steinmeyer11861755918481922Steinmeyer, Emil Elias (1848–1922), in der Nähe Potsdams geborener, aus preußischem Pfarrhaus stammender Germanist und Altphilologe, der nach seinem Studium an der Berliner Universität von 1873 bis 1877 außerordentlicher Professor für germanistische Mediävistik an der Universität Straßburg war, anschließend bis 1913 Ordinarius für deutsche Sprache und Literatur an der Universität Erlangen.
Hölder, Eduard11692684818471911Hölder, Eduard (1847–1911), in Stuttgart geborener Jurist, der nach seinem Studium an der Universität Tübingen von 1872 bis 1873 außerordentlicher, dann bis 1874 ordentlicher Professor für Römisches Recht an der Universität Zürich wurde. Nacheinander war er darnach Ordinarius an den Universitäten Greifswald (1874–1880), Erlangen (1880–1893) und Leipzig (1893–1911).
Universität ErlangenDie im Jahre 1743 gegründete Universität Erlangen gewann im 19. Jahrhundert innerhalb des katholisch geprägten Königreichs Bayern durch ihre evangelische Theologische Fakultät als wissenschaftliche Ausbildungsstätte protestantischer Geistlicher für die neue, nach 1806 erst entstehende Bayerische Landeskirche eine besondere Bedeutung. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war die „Erlanger Theologie“ durch große Geschlossenheit und Einheitlichkeit im Sinne des „Neuluthertums“ gekennzeichnet.
Senat (Universität)Höchstes Beratungsgremium einer Universität; andernorts auch als „Konzil“ bezeichnet, z. B. an der Universität Rostock.