Deinen und Annas Brief1 haben wir gestern erhalten, heute wären diese Briefe nicht angekommen, da die Straße eine Stunde von hier überschwemmt ist. Seit gestern regnet es Tag und Nacht ohne Unterlaß. Wir beide sitzen in der Stube, so warm bekleidet als möglich, und suchen uns die Zeit mit Lesen zu vertreiben. Leider ist Maria erkältet und heiser, so daß sie mir nicht vorlesen kann. Unsere Lage ist daher so unangenehm wie möglich, doch können wir nicht hinaus, auch wenn wir nicht vorzögen, das bessere Wetter abzuwarten. Wenn es in Erlangen kein besseres gibt, so müßten auch wohl die beabsichtigten Exercitien bei Pommersfelden einstweilen unterbleiben.
Mit Recht freust Du Dich über die vielseitige Theilnahme, die Dir durch zahlreiche Glückwünsche kund gegeben wurden; insbesondere erkennst Du
darin das Wohlwollen Deiner nächsten Vorgesetzten, an welchem Dir viel gelegen sein muß.Für die Sicherheit unseres Hauses während Deiner Abwesenheit wäre allerdings genügend gesorgt durch die Einquartierung eines zuverlässigen Unteroffiziers. Sollte jedoch irgendwelche Unbequemlichkeit damit verbunden sein, so gebe ich Dir anheim – wie ich in einem früheren Fall schon gethan habe – den Rottmeister der Stadtpolizei zu ersuchen, gegen entsprechende Vergütung für die nächtliche Überwachung des Hauses Sorge zu tragen. Auf alle Fälle gib die Schlüssel des Hauses, die äußeren sowohl als die inneren, an die Frau Schmidtin2, unsere Nachbarin, damit man im Nothfall überall hineinkommen kann, und besonders wir und Regine die Schlüssel vorfinden, falls wir oder sie früher ankommen, als Du zurückgekommen bist. Ich bemerke, daß der Schlüssel zu meinem Zimmer ein Überall (partout) Schlüssel ist, also statt der andern dienen kann, wovon Du Dich jedoch noch zuvor selbst überzeugen mußt.
Es ist hübsch, daß Du Dich der reitlustigen, schönen oder nicht, Damen freundlich annimmst. Wir haben hier zur Zeit nur einige ältere Damen aus Nürnberg zu unserer Gesellschaft. Es ist sehr natürlich, daß die Münchener das Wetter scheuen und auch nach der Centenarfeier3 noch ausbleiben. Luise und ihre Familie nebst zahlreichen Gästen, unter anderm Frau …4, die Jugendfreundin, die zum Besuch bei ihr war, sahen mit Vergnügen den großen Zug vom physikalischen Institut aus noch bevor die Elefanten losbrachen.5 Welche dumme Geschichte!
Ich hoffe, daß dieser Brief Dich noch bis übermorgen (Sonntag) erreicht, was davon abhängt, ob der Regen endlich aufhört und das Wasser sich verläuft.
Marie sendet Dir ihre heiseren Grüße.