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Immanuel Hegel an Karl Hegel, Berlin, 26. Januar 1889

Lieber Karl!

In Folge Deines Briefes vom 22sten dieses Monats1 habe ich meine Schränke untersucht und nur ein Paket bezüglich der Lebensgeschichte des Vaters gefunden. Ich sende Dir eben dasselbe. Die wissenschaftlichen Aufsätze etc. werden sich auf dem Boden in der großen Kiste mit allem wissenschaftlichen Nachlaß befinden, nur kann ich Einzelnes daraus nicht hervorsuchen. Abgesehen davon, daß der Aufenthalt daselbst in dieser Jahreszeit mit Katarrh und so fort nicht zuträglich sein würde, habe ich aber jetzt absolut keine Zeit zu solchem Unternehmen, da ich mit nothwendigen Arbeiten auf das äußerste bedrängt bin. Wir werden daher die Durchsicht der genannten Papiere bis zu Deinem Besuch in Berlin verschieben müssen. Ich muß mich entschuldigen, daß ich auf Dein Anerbieten, die väterlichen Papiere in Ordnung bringen zu wollen, nicht geantwortet habe; es ist dies nur ein Versehen, welches ich nur durch zunehmende Gedächtnißschwäche erklären kann. Ich bin vielmehr sehr erfreut über Dein Vorhaben, da ich hierdurch einer ernsten Verantwortlichkeit enthoben werde. Ich habe mir öfters die beängstigende Frage vorgelegt, in welche Verlegenheit und Sorge die Meinigen gerathen werden auf die Erwägung nach meinem Tode, was sie mit diesem Nachlaß beginnen sollen.

Alle Glieder meines Hauses befinden sich wohl. Willy widmet sich getheilt dem Reichstag und seinem Amt als Landrat mit Familie, so daß wir ihn wenig sehen.

Mit herzlichen Grüßen an Deine Kinder

Dein Bruder
Immanuel