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Karl Hegel an Wilhelm Giesebrecht, Erlangen, 6. September 1889

Erledigt

Lieber Freund!

Der unerwartete Tod unseres Weizsäckers1 wird Sie wie mich tief betrübt haben. Welcher Verlust auch für die Reichstagsakten und die Historische Commission!

Durch Kluckhohn sind Sie bereits in Kenntniß gesetzt von den näheren Umständen. Des Verstorbenen Angehörige, zwei Söhne2, der ältere Assessor in Köpenik, der jüngere Dr. und Archäolog, angestellt beim Berliner Museum, und die Tochter mit ihrem Mann, Prof. Carl Müller in Gießen3, Fräulein Deutsch, die frühere Pflegerin der Kinder und treuste Freundin des Hauses, kam mit dem Sarge vorgestern Abend hier an, und gestern Nachmittag fand die Beerdigung statt. Der Verewigte ruht neben seiner im Jahr 1865 hier verstorbenen Gattin4, deren Verlust er niemals verschmerzen konnte. Ich legte namens der Historischen Commission einen Kranz von Lorbeer und Palmen am Grabe nieder, gewiß überzeugt, daß ich im Sinne derselben handelte. Ich schrieb heute bereits an Sybel in Betreff der Behandlung der von Weizsäcker hinterlassenen Papiere für die Reichstagsakten, welche die Erben der Historischen Commission zu überlassen bereit sind, und äußerte gegen ihn, daß es am besten sein würde, den Dr. Quidde mit der Durchsicht und Registrirung derselben zu beauftragen, so daß er schon in unserer bevorstehenden Zusammenkunft darüber Bericht erstatten könnte.5 Damit werden auch Sie einverstanden sein.

Ich habe lange nichts von Ihnen gehört, wie es Ihnen und Ihrer lieben Frau geht. Vermuthlich waren Sie in Aibling bei ebenso schlechtem Wetter wie ich mit beiden Töchtern6 in Bernried. Lommels7 besuchten wir in Ried am Ammersee.

Herzlich grüßend
Ihr Karl Hegel.