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Karl Hegel an Georg Hegel, Erlangen, 13. September 1889

Lieber Georg!

Deine Postkarten1 haben wir mit Freude und Antheil, zum theil aber auch mit bedenklichem Kopfschütteln wegen verschiedener Pferdestürze gelesen. Mit Deinen Quartieren hast Du gutes Glück gehabt, in Henfenfeld aber keines im Schlosse gefunden, wie ich hörte, weil Hans2 abwesend war. Nun hoffen wir Dich bald wieder bei uns zu sehen. Heute erhielten wir Deine Karte von Altdorf, in der Du Dich nach Sophie erkundigst. Wir erhielten zweimal Nachricht von ihr aus Düsseldorf, in Cöln traf sie mit Else Winter und den beiden englischen Misses gestern früh zusammen; in der vergangenen Nacht auf heute sollten sie von Ostende aus über den Kanal fahren, heute früh London und Sophie heute Mittag ihren Bestimmungsort Malvern erreichen.

Wegen Sigmunds waren wir in großer Sorge, da, nachdem er uns durch mehrere Postkarten3 über seine gefährlichen Touren über Gletscher und Schneefelder, Aufstiege bis zu den höchsten Gipfeln und Abstiege mit Hilfe von Drahtseilen und Führern auf dem Laufenden gehalten erhalten, auf einmal 8 Tage lang alle Nachrichten von ihm ausblieben. Das klärte sich dann dadurch auf, daß seine letzte Postkarte verloren gegangen; auf telegraphische Anfrage in Ludwigshafen erfuhr ich dann erst, daß er wohlbehalten dort angekommen.4 Nun hat sich aber mit ihm nach seiner Rückkehr ein Unerwartetes und sehr Mißliches ereignet. Es ist zwischen ihm und seinem Vorgesetzten, Prof. Berndsen, zum Bruch gekommen, und, wie man dort kurzen Prozeß zu machen pflegt, ist ihm seine Anstellung gekündigt worden! So ist er plötzlich auf den trockenen Sand gesetzt und muß sehen, was er aufs neue anfangen will. Vorläufig gedenkt er hierher zu kommen, vielleicht schon in der nächsten Woche. Das ist eine schlimme Geschichte, bei der ich unserm Sigmund kein Recht geben kann, wenn er auch meint, daß er nicht anders hätte handeln können.

Hellwigs sind beide fort, bis 22. September wollten sie wieder kommen.

Marie läßt Dich grüßen.

Dein Vater Hegel.