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Karl Hegel an Cotta Verlag, Erlangen, 26. Mai 1890

Geehrte Herren!

Ihrer Discretion versichert, gebe ich Ihnen, so weit ich es vermag, die gewünschte Auskunft über Herrn Dr. Bendiner. Ich habe nur wenig persönliche Beziehungen zu ihm gehabt und kann auch über seine wissenschaftliche Qualification nicht urtheilen, da keine litterische Arbeit, die der Rede wäre, von ihn vorliegt. Es ist mir bekannt, daß er, von Dresden herkommend, in München studiert und gute Empfehlungen von dort mitgebracht hat. Infolge dessen wurde er von Herrn Director von Essenwein als Hülfsarbeiter bei dem Archiv des Germanischen Nationalmuseums angestellt, dann aber schon nach Jahresfrist aus diesem Amte entlassen. Bevor letztes geschah, stellte er sich mir und einigen meiner Collegen vor, in dem er uns seine Absicht kundgab, sich an der hiesigen Universität als Privatdocent der Geschichte zu habilitiren. Nach seiner Entlassung in Nürnberg, die im März erfolgte, scheint er auch diese Absicht wieder aufgegeben zu haben; wenigstens hat er seitdem keine weiteren Schritte dazu gethan. Von dem neuen Unternehmen, ein Archiv für Geschichte und Recht der deutschen Städte herauszugeben, hat er mir keine Mittheilung gemacht. Es wundert mich daher nicht wenig, daß er sich gegen Sie auf mich berufen hat. Ich kenne nicht den Plan, den er Ihnen vorgelegt hat, und kann mich somit auch nicht darüber äußern und keinerlei Rath dazu geben. Nur muß ich sagen: ich finde das Unternehmen kühn von einem Manne, der auf dem Gebiet, auf welchem er mit demselben auftreten will, noch nichts geleistet hat, dessen Name also nicht dazu geeignet ist, ihm von vornherein Credit zu verschaffen. Ich kann daher nur zur Vorsicht rathen.

Hochachtungsvoll

Professor Karl Hegel.