Erlangen, 23. November 1890
Dank für Deine Uhr, die ich übrigens sofort dem Uhrmacher übergeben mußte. Zur Erklärung des Zusammenhangs zwischen Uhr und Revolver diene Folgendes. Marie hörte um 4 Uhr morgens Rumor unten im Hause, gerade um dieselbe Zeit war bei Eversbusch eingebrochen worden, sie stürzt muthig hinaus auf den Gang mit dem Revolver in der Hand, ruft und, da sie keine Antwort hört, schießt los aufs gerathewohl! Ich springe aus dem Bett, unten schreit Lena die, erschreckt durch den Schuß, von außen, wo sie eben die Läden festmachte, herbeieilte; sie war, getäuscht durch den falschen Wecker, schon um 3 ½ Uhr aufgestanden. Wer ist Lena? Ein Interimsdienstmädchen, das bald wieder kündigte, weil ihr der Dienst zu schwer und sie kränklich war. |
Marie behalf sich elend mit einer … und wir hatten dann noch zwei andere Dienstmädchen, eine Johanna aus Wunsiedel, die sich sogleich als untauglich erwies und eine Kunni, die ich mit Marie im Wagen aus Dechsendorf abholte, auch diese wurde am zweiten Tag krank und Marie bekam infolge aller ihrer Anstrengungen ein furchtbar geschwollenes Gesicht, so daß sie kaum aus den Augen sehen konnte. Ich wurde wild, meine Geduld war zu Ende, und fuhr nach Möhrendorf, um unsere Babette zurück zu bringen. Dies ist mir auch durch Androhung von Klage und Schadenersatz gelungen und jetzt haben wir Ruhe. Marie ist noch recht geschwollen, doch geht es ihr schon besser.
Ich bedaure die Beschwerden und Ausgaben, die Du in Bamberg erleidest; tröste Dich damit, daß es auch uns nicht besser ergangen ist.
Frau Hellwig ist in Cassel und wird erst | in dieser Woche zurückkommen. Am Donnerstag war ich auf Deinem Platz im Theater, wo die Operette Don Cesar gegeben wurde, Sehling nahm neben Hellwig den von Frau Marie ein. Für heute Abend haben wir Herrn Beneke abgesagt. Das Wetter ist so schlecht, daß ich nur in den Straßen der Stadt spazieren gehen kann.
Von Sigmund und Sophie kamen gute Nachrichten. Marie grüßt Dich herzlich.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Privatbesitz
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Privatbesitz
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Hegel, Maria (Mariechen, Mimi)Marie HegelTochter Karl Hegels-18551929 Hegel, Maria (Mariechen, Mimi) (1855–1929), dritte Tochter Karl (1813–1901) und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878), die ab 1878 dem verwitweten Vater den Haushalt in Erlangen führte.
Eversbusch, Oskar11661209618531912Eversbusch, Oskar (1853–1912), im westfälischen Haspe bei Hagen geborener Mediziner, der nach seinem Studium an den Universitäten, Straßburg und Berlin im Jahre 1877 promoviert wurde und sich 1882 habilitierte. Nach wissenschaftlicher Tätigkeit in München war er von 1886 bis 1900 ordentlicher Professor der Augenheilkunde an der Universität Erlangen und von 1900 bis 1912 an der Universität München.
Lene (Lena)Lene (Lena), Interimsdienstmädchen im Haus der Familie Karl Hegels (1813–1901) in Erlangen.
JohannaJohanna, kurzzeitiges Dienstmädchen aus Wunsiedel im Erlanger Haus Karl Hegels (1813–1901).
Kunni-Kunni, kurzzeitige Hausangestellte aus Dechsendorf im Erlanger Hause Karl Hegels (1813–1901).
BabetteBabette, Dienstmädchen im Erlanger Haus Karl Hegels (1813–1901).
Sehling, Emil11744815X18601928Sehling, Emil (1860–1928), in Essen geborener Rechtswissenschaftler, der von 1877 bis 1881 an den Universitäten Bonn und Leipzig studierte, im Jahr 1881 zum Dr. iur. utr. promoviert und 1885 Privatdozent wurde. 1888 wurde er außerordentlicher Professor für Kirchen- und Zivilrecht in Leipzig und war 1888/89 ordentlicher Professor an der Universität Kiel. Von 1889 bis zu seinem Tode war er Ordinarius an der Universität Erlangen.
Hellwig, Konrad Maximilian11669044518561913Hellwig, Konrad Maximilian (1856–1913), in Zierenberg bei Kassel geborener Rechtswissenschaftler, der von 1875 bis 1878 an den Universitäten Heidelberg, Leipzig, Marburg und Straßburg studierte, wo er im Jahre 1878 auch promoviert wurde. Nach kurzer Tätigkeit in der Justiz habilitierte er sich 1883 in Leipzig und wurde Privatdozent. Ab 1885 war er außerordentlicher Professor an der Universität Rostock, dann von 1885 bis 1888 ordentlicher Professor an der Universität Gießen, von 1888 bis 1902 an der Universität Erlangen, wo er im Studienjahr 1895/96 auch Prorektor war, und von 1902 bis 1913 an der Universität Berlin.
Hegel, Sigmund (Mundel, Mundulus, Munerle)Sigmund Hegel11657085718631945Hegel, Sigmund (1863–1945), sechstes Kind (zweiter Sohn) Karl (1813–1901) und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878), Mitglied des Corps Onoldia in Erlangen, Chemiker, Kaiserlicher Geheimer Regierungsrat am Reichspatentamt in Berlin.
Hegel, Sophia (Sophiechen)Sophie Hegel-18611940Hegel, Sophia (Sophiechen) (1861–1940), vierte und jüngste Tochter Karl und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878); sie blieb unverheiratet und absolvierte Stationen in München und Göttingen in den Haushalten der Schwestern Luise Lommel, geb. Hegel (1853–1924), und Anna Klein, geb. Hegel (1851–1927), später eine ca. 20 Jahre währende Tätigkeit als Lehrerin/Erzieherin an einem englischen Mädchenpensionat in Malvern, ab 1910 wieder in der Familie ihrer schwerhörigen Schwester Anna Klein lebend und dort vor allem in der Erziehung und Krankenpflege helfend; spätere Arbeit im sozialen Bereich in Göttingen.
Wunsiedel50.0373241,12.0027278Stadt im Fichtelgebirge, etwa 35 Kilometer südwestlich von Franzensbad gelegen.
Dechsendorf49.6297543,10.9414639Etwa sieben Kilometer nordwestlich von Erlangen gelegenes Dorf.
Möhrendorf49.6397123,11.0014431Etwa sechs Kilometer nördlich von Erlangen im Regnitztal gelegenes Dorf.
Bamberg49.8916044,10.8868478Alte Bischofsstadt in Franken, etwa 60 Kilometer nördlich von Nürnberg an der Mündung der Regnitz in den Main gelegen.
Kassel51.3154546,9.4924096Ehemalige Haupt- und Residenzstadt der Landgrafen von Hessen an der Fulda und etwa 200 Kilometer nordöstlich von Frankfurt am Main gelegen, circa 50 Kilometer südwestlich von Göttingen entfernt, seit 1866 preußisch.
„Don Cesar“Operette in drei Akten des aus Westböhmen stammenden Kapellmeisters und Komponisten Rudolf Dellinger (1857-1910) aus dem Jahre 1885, Libretto von Oscar Walther.