Wir haben lang auf eine Nachricht von Dir gewartet. Heute, Freitag, kam Deine Postkarte und auch eine von Frau Clara. Du Ärmster dauerst mich herzlich. Was ist das für eine langwierige und peinliche Krankheit! Es scheint, daß Du Dich bei ihrer ersten Besserung nicht genug geschont und Dir dadurch einen Rückfall zugezogen hast. Um so größere Schonung ist jetzt geboten. Du wirst gut thun so lange im Krankenhaus zu bleiben, als bis Du völlig geheilt bist. Das ist ja freilich sehr langweilig und eine schwere Geduldsprobe! Wie sich die Fabrik dazu verhält, hast Du uns noch nicht mitgeteilt. Hoffentlich wirst Du wenigstens Deine Stelle nicht verlieren.
Gib uns wenigstens einmal in der Woche Nachricht. |
Sollte nicht gern eine Schwester des Hauses bereit sein, Dir für eine bloße Postkarte ihre Hand zu leihen? Näheres hätte uns Dein Freund Haller mitteilen können, wenn er es nicht verschmäht hätte, uns bei seinem Hiersein zu besuchen. Zeit genug hatte er dazu, denn er war nicht bloß bei den Ansbachern, sondern auch bei Hellwig. Ich begreife dies Benehmen gegen uns nicht.
Luise Lommel erfreute uns durch ihren Besuch mit ihrem Jüngsten, dem Hermännchen. Sie war 10 Tage, vom 2 – 12 dieses Monats bei uns und sah ihre alten Bekannten, die sie der Reihe nach besuchte, wieder. Zuletzt zog sie sich noch einen Katarrh zu, sonst ging es ihr gut. Sie ist von hier nach Nürnberg gegangen, um auch dort die Verwandten zu besuchen. Die große Prinz Regentenfeier in München ließ sie gern vorübergehen. Von unserer Universität | ging auch die sogenannte kleine Deputation dorthin. Die Allgemeine Zeitung ist voll von Beschreibung der Festlichkeiten. Auch bei uns wurde die Feier des 70jährigen Geburtstags mit Reden und Gesängen im Redoutensaal begangen; ich verfehlte nicht dabei zu sein.
Am vergangenen Sonnabend Abend kam Georg herüber um Luise zu sehen und blieb am Sonntag. Es war ihm schmerzlich, daß wir Hellwigs nicht zu uns einladen konnten, wie es zuerst meine Absicht war, und noch mehr, daß er sie nicht besuchen durfte. Denn es war notwendig auf das üble Gerede Rücksicht zu nehmen, welches in der Stadt in höheren und niederen Kreisen verbreitet und selbst bis München durchgedrungen war. Der Ruf der jungen Frau wurde dadurch bedenklich in Frage gestellt, und es gab schlimme Nachbarn und Aufpasser, welche jeden Schritt des Verkehrs von beiden Seiten controlierten und darüber ein böses Gerücht machten und verbreiteten.
Unserem Georg kann ich keinen Vorwurf deshalb | machen, es sei denn, daß er alle andern gesellschaftlichen Rücksichten gegen den ausschließlichen Umgang mit Hellwigs hintansetzte. Das hat sich schwer auch an ihm gerächt; an seine Zurückversetzung hierher ist nicht mehr zu denken.
Beneke ist endlich Doctor geworden und hat sich von uns verabschiedet. Er war noch einige mal bei uns, Sonntags mit W. Brockdorff, Ulrichs Bruder, zusammen. Letzterer ist jetzt Hauptmann geworden und nach Bamberg versetzt.
Marie läßt Dich herzlich grüßen. Hoffentlich finde ich Dich, wenn ich bis zum 8. März nach Berlin komme, wenn auch vielleicht noch nicht ganz geheilt, doch auf sicherem Wege der Genesung. Behalte nur guten Mut und Geduld!
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Hegel, Sigmund (Mundel, Mundulus, Munerle)Sigmund Hegel11657085718631945Hegel, Sigmund (1863–1945), sechstes Kind (zweiter Sohn) Karl (1813–1901) und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878), Mitglied des Corps Onoldia in Erlangen, Chemiker, Kaiserlicher Geheimer Regierungsrat am Reichspatentamt in Berlin.
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Privatbesitz
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Privatbesitz
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Neuhaus
, Helmut (Hg.): Karl Hegels Gedenkbuch. Lebenschronik eines Gelehrten des 19. Jahrhunderts, Köln, Weimar, Wien 2013.
Neuhaus
, Karl Hegels Gedenkbuch
2013
Hegel, Clara (Klara), geb. Flottwell
Clara Hegel, geb. Flottwell116570776?18251912Hegel, Clara (Klara), geb. Flottwell (1825–1912), Tochter Eduard Heinrich Flottwells (1786–1865) und Auguste Flottwells, geb. Lüdecke (1794–1862), jüngere Schwester Friederike Hegels, geb. Flottwell (1822–1861), der ersten Ehefrau Immanuel Hegels (1814–1891) und dessen zweite Ehefrau ab 8. September 1865.
Haller, Sigmund13413362518611936Haller, Sigmund (1861–1936), in Speyer geborener Mediziner und Politiker, der im Jahre 1880 begann, an der Universität Erlangen Medizin zu studieren, dem Corps Onoldia beitrat und 1883 sein Physikum bestand. Nach seiner Promotion zum Dr. med. an der Universität Kiel war er 1887/88 Assistenzarzt in München und studierte dann ohne Studienabschluß an den Universitäten Erlangen, München, Genf und Berlin Volkswirtschaft und Rechtswissenschaft. Ab 1890 war er als Arzt in Erlangen, Berlin, Genf und München tätig und wandte sich dann 1899 der Politik auf Seiten der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands zu. Von 1907 bis 1920 war er Mitglied des bayerischen Landtages, zuletzt als dessen Vizepräsident.
Hellwig, Konrad Maximilian11669044518561913Hellwig, Konrad Maximilian (1856–1913), in Zierenberg bei Kassel geborener Rechtswissenschaftler, der von 1875 bis 1878 an den Universitäten Heidelberg, Leipzig, Marburg und Straßburg studierte, wo er im Jahre 1878 auch promoviert wurde. Nach kurzer Tätigkeit in der Justiz habilitierte er sich 1883 in Leipzig und wurde Privatdozent. Ab 1885 war er außerordentlicher Professor an der Universität Rostock, dann von 1885 bis 1888 ordentlicher Professor an der Universität Gießen, von 1888 bis 1902 an der Universität Erlangen, wo er im Studienjahr 1895/96 auch Prorektor war, und von 1902 bis 1913 an der Universität Berlin.
Lommel, Luise, geb. Hegel
Luise Lommel, geb. Hegel-18531924 Lommel, Luise, geb. Hegel (1853–1924), Ehefrau des Physik- und Mathematik-Professors Eugen Lommel (1837–1899); siehe auch: Hegel, Luise (1853–1924).
Luitpold von Bayern, PrinzregentPrinzregent Luitpold von Bayern1187296818211912Luitpold von Bayern (1821–1912), Prinzregent des Königreiches Bayern von 1886 bis 1912 für die Könige Ludwig II. (1845–1886) für die letzten drei Tage seines Lebens und für Otto I. (1848–1916) während dessen gesamter Herrschaftszeit; nach seinem Tode am 12. Dezember 1912 folgte ihm der spätere König Ludwig III. (1845–1921) zunächst als Prinzregent.
Beneke, H. F.-Beneke, H. F., Dr. aus Hamburg.
Hegel, Maria (Mariechen, Mimi)Marie HegelTochter Karl Hegels-18551929 Hegel, Maria (Mariechen, Mimi) (1855–1929), dritte Tochter Karl (1813–1901) und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878), die ab 1878 dem verwitweten Vater den Haushalt in Erlangen führte.
Nürnberg49.453872,11.077298In Franken an der Pegnitz gelegene ehemalige Reichsstadt, seit 1806 Stadt des Königreichs Bayern.
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
Bamberg49.8916044,10.8868478Alte Bischofsstadt in Franken, etwa 60 Kilometer nördlich von Nürnberg an der Mündung der Regnitz in den Main gelegen.
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
Actien-Gesellschaft für Anilin-FabrikationDie seit 1873 bestehende Firma ist aus der 1850 gegründeten Jordan’schen Fabrik in Treptow und der Gesellschaft für Anilinfabrikation m. b. H. in Rummelsburg hervorgegangen; sie wurde später die Firma „AGFA“.
OnoldiaIm Jahre 1798 gegründetes Corps, das als „Anspachische Gesellschaft“ zu den Studentenverbindungen an der Universität Erlangen gehörte.
Universität ErlangenDie im Jahre 1743 gegründete Universität Erlangen gewann im 19. Jahrhundert innerhalb des katholisch geprägten Königreichs Bayern durch ihre evangelische Theologische Fakultät als wissenschaftliche Ausbildungsstätte protestantischer Geistlicher für die neue, nach 1806 erst entstehende Bayerische Landeskirche eine besondere Bedeutung. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war die „Erlanger Theologie“ durch große Geschlossenheit und Einheitlichkeit im Sinne des „Neuluthertums“ gekennzeichnet.
Augsburger Allgemeine (Zeitung)Die von Johann Friedrich Cotta (1764-1832) im Jahre 1798 in Tübingen gegründete „Allgemeine Zeitung“ erschien von 1807 bis 1882 in der alten Reichsstadt Augsburg und entwickelte sich zur bedeutendsten deutschsprachigen Tageszeitung. Ab 1882 wurde München ihr Redaktionsort.
RedoutensaalFestsaal für Bälle (Redouten), Konzerte und andere Festlichkeiten im 1718 am Nordrand des Erlanger Schloßgartens errichteten Redoutenhaus, das – wie in anderen Residenzstädten – eng mit dem Theater (Markgrafentheater) verbunden war.
ProkanzlerStets für zwei Jahre von der Juristischen Fakultät entsandter ständiger Berater des Prorektors der Universität Erlangen. Er hatte u. a. alle vom Universitätssenat ergangenen Beschlüsse gegenzuzeichnen, ihre Ausführung zu kontrollieren und die Universität auch nach außen zu repräsentieren.