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Karl Hegel an Sigmund Hegel, Traunstein, 7. August 1891

Lieber Sigmund!

Ich will Dir doch einmal von uns Nachricht geben. Du siehst aus obigem Datum, wo wir uns gegenwärtig befinden. Zu dem ‚wir‘ gehört seit Dienstag auch unsere liebe Sophie. Sie machte die Überfahrt in einer Nacht auf dem Schiffsverdeck liegend, weil kein Bett zu haben war, nach Vließingen und erreichte Düsseldorf und Eugenie, bei der sie einen Tag blieb, fuhr dann wieder die Nacht durch nach München, wo sie bei ihrer Tante Caroline Aufnahme fand – denn Lommels sind in Kohlgrub – und kam von dort zu uns. Wir selbst, das ist ich und Marie verließen Erlangen in der Nacht vom 31. Juli, auf 1. August und hielten uns in München nur eine Stunde am Morgen auf. Hier trafen wir mit Wegele nebst Frau und Tochter zusammen, mit denen wir in Traunstein zusammen wohnen. Ich hatte hier bereits zu Pfingsten1 gemietet, zwei schön gelegene und geräumige Zimmer für uns und für Wegele. Traunstein liegt an der Eisenbahn nur eine Stunde weit von Salzburg; das Hochgebirg sieht man nur aus der Ferne, aber schöne Spaziergänge längs der Traun und nach den mit Wald bedeckten Anhöhen hat man in der Nähe. Es wäre alles nach Wunsch, wenn wir nur nicht an vielem Regenwetter und Wärmemangel zu leiden hätten. Der einzige Unterschied des Wetters ist, daß es volle und halbe Regentage gibt; gestern Nachmittag war es ein prächtiges Bild, den Wazmann und die Lofer Berge in Tirol silberglänzend im Schein von der Abendsonne beleuchtet zu sehen.

Wie geht es nun Dir in Berlin? Mein Bruder schrieb mir von Bad Landeck in der Grafschaft Glatz und klagte gleichfalls über das Wetter; in Berlin wird sich dieses ertragen lassen. Hellwigs mußten der juristischen Examina wegen noch bis zum 6. August in Erlangen zurückbleiben; sie wollten nach Bad Schwalbach gehen. Georg, den wir vor kurzem in Bamberg besuchten, wird Mitte des Monats zum Manöver ausziehen.

Die Schwestern grüßen Dich bestens mit mir

Deinem Vater Hegel

Schreibe uns bald.