Sie haben mich überrascht durch die freundliche Zusendung Ihrer Anzeige meines Buches. Ich war gespannt darauf einen so competenten Beurteiler, als den ich Sie kenne, darüber zu vernehmen. Indessen haben Sie sich weniger mit meinem Werk als mit der leidigen Gildetheorie beschäftigt und Ihr ritterlicher Kampfesmuth hat Sie sogleich dahin fortgerissen eine scharfe Lanze mit Gierke zu brechen. Es ist recht ergötzlich, wie Sie sich hin und her wenden und sich darüber den Satz quod non est in actis [est in actis und non est in mundo oder est in mundo] gegen ihn vornehmen lassen. Sein Buch über Genossenschaftsrecht ist nichts anderes als eine juristische Construction, auf geschichtlicher Grundlage.Die Übereinstimmung, deren ich mich mit Ihnen erfreue, kommt daher, daß wir beide die gleiche und wie ich meine, allein richtige Methode historischer Behandlung befolgen, das ist von sicheren Thatsachen der Überlieferung auszugehen und als ihr richtiges Verständnis zu suchen nicht umgekehrt, von einer allgemeinen Idee aufzuhengen und dieser die Thatsachen anzupassen.
Die Hauptleistung meines Buchs ist über Ihrem Gefecht gegen die Gildetheorie außer Betracht geblieben: sie liegt in der Auseinandersetzung mit Städte- und Gilden in den nordischen und anderen außerdeutschen Ländern. Was Deutschland betrifft habe ich mich auf die niederdeutschen Städte beschränkt, den wirklichen Anfang dieser Städte aus Burgen und Ortsgemeinden wollte ich aufzeigen und dem was die Gilde ja ihnen bedeutete. Wäre es die Muße wert gewesen mich auf das was Sie die wüsten Orgien der Gildetheorie nennen zu oberrheinischen und oberdeutschen Städten einzulassen?
Es würde zu weit führen, über einzelnes mich mit Ihnen zu verständigen. Haben Sie zB. den Satz, daß Hörige nach Jahr u nd Tag frei sein sollen, wirklich schon früher in Deutschland gefunden als in dem Stadtrecht von Hagen im Bremischen? Er steht so noch nicht im ältesten Stadtrecht. Freiburg, so erst im Stadtadel, Anfang des 13 Jahrhunderts. Über die frühere oder späteren Entstehung von Kaufmanns und und Handwerksgilde läßt sich meines Erachtens nichts bestimmtes feststellen; auf den Nachweis daß die Handwerksgilden gleichzeitig und unabhängig von dieser vorkommen, schien es mir hauptsächlich anzukommen. Diese habe ich I S. 448 gegen Groß. gebracht. Die deutschen Städte am Rhein waren bei den Angriffen der Normannen 881 noch unbefestigt. Ich habe kürzlich einen Artikel über deutsche Burgen und Städte geschrieben, der im nächsten Heft des Neuen Archivs erscheinen wird. Dieses Heft ist zugleich auch Festschrift für Wattenbach bestimmt. Nichts wäre mir erwünschter als auch mich über diese und andre Dinge mich2 mit Ihnen unterhalten und gegenseitige Anschauung auszutauschen.