Wiesbaden 12. April 1893 Römerbad.
Deinen Brief vom 9. April empfingen wir heute morgen. Herrliches Frühlingswetter, wie Du es rühmst, haben wir auch hier, wie seit mehreren Wochen vorher in Erlangen. Am Donnerstag den 6. reisten wir früh ab und waren um 2 nachmittags hier in Wiesbaden. Das Römerbad, wo wir Wohnung fanden, ist gut gelegen neben dem Kochbrunnen, von dem ich morgens ein Glas trinke; Bäder sind im Hause zu haben, wie überall, wohin dieser treffliche heiße Brunnen seine Abflüsse aussendet. Ein schöner Garten mit blühenden Magnolienbäumen, Hyacinthen- und Tulpenbeeten, | wohin wir nur ein paar Schritte zu gehen haben, liegt daneben und in fünf Minuten erreichen wir den Kurgarten, der schon im schönsten Grün prangt. Es ist ein reizender Aufenthalt hier, reich an Abwechslung und Unterhaltung, die durch Natur und Kunst, Musik und elegante Welt dargeboten wird. Auf den Neroberg führt die Stadtbahn und eine Zahnradbahn: man trinkt dort zur Abwechslung (mit dem Kurgarten) seinen Caffee am Nachmittag und übersieht Wiesbaden und die Umgebung bis über den Rhein. Die Stadt ist mit zahllosen prächtigen Villen umgeben, in denen Rentiere und pensionierte höhere Militär- und Civilbeamte ausruhen, falls sie reich genug sind. |
Ich gedenke drei Wochen (bis 27. April) mit Marie hier zu bleiben und hoffe, daß mir Brunnen und Bäder gut thun werden für Beseitigung eines Kehlkopfkatarrhs und Besserung des Schlafs.
Gleich am zweiten Nachmittag begegneten wir im Kurgarten dem Dr. Wegele nebst Frau Josephine, geb. Schiller, aus Königsborn in Westfalen, wo er Badearzt ist. Du weißt, daß dieser Karl Wegele einst mein Pathenkind war. Sein Vater ist wie gewöhnlich im Frühjahr und Herbst in Baden-Baden. Die jüngeren Wegeles bleiben vier Wochen hier; wir werden daher oft mit ihnen zusammen sein.
Heute und an den zwei folgenden Tagen ist hier ein Medicinercongreß, bei dem ich auch manche Bekannte treffen werde. |
Am Sonntag Nachmittag waren wir in Biebrich am Rhein; es ist mit der Stadtbahn ½ Stunde von hier zu fahren. In einem Garten am Rhein sahen wir nach Mainz hin und ließen die Dampfschiffe und Vergnügungsboote an uns vorüber ziehen. In diesem Garten saß ich schon einst mit Deiner lieben Mama!
Deine hübsche Beschreibung von den Sports der englischen Knaben hat mich gefreut. Schade, daß Du nicht nach Rochester kommst. Die junge Frau Mütel oder vielmehr Percy Neate werden wir gern hier begrüßen.
Sigmund schreibt von dem Besuch seines Schwagers Felix und dessen Nichte aus Düsseldorf zu Ostern in Berlin. Marie läßt Dich bestens grüßen. Luise wird ihre Massagekur begonnen haben. Herzlich grüßt Dich
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
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Hegel, Sophia (Sophiechen)Sophie Hegel-18611940Hegel, Sophia (Sophiechen) (1861–1940), vierte und jüngste Tochter Karl und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878); sie blieb unverheiratet und absolvierte Stationen in München und Göttingen in den Haushalten der Schwestern Luise Lommel, geb. Hegel (1853–1924), und Anna Klein, geb. Hegel (1851–1927), später eine ca. 20 Jahre währende Tätigkeit als Lehrerin/Erzieherin an einem englischen Mädchenpensionat in Malvern, ab 1910 wieder in der Familie ihrer schwerhörigen Schwester Anna Klein lebend und dort vor allem in der Erziehung und Krankenpflege helfend; spätere Arbeit im sozialen Bereich in Göttingen.
Wiesbaden50.0820384,8.2416556Etwa 40 Kilometer westlich von Frankfurt am Main am Rhein und am Südhang des Taunus gelegene ehemalige Residenz- und beliebte Kurstadt.
Privatbesitz
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Privatbesitz
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Hegel, Maria (Mariechen, Mimi)Marie HegelTochter Karl Hegels-18551929 Hegel, Maria (Mariechen, Mimi) (1855–1929), dritte Tochter Karl (1813–1901) und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878), die ab 1878 dem verwitweten Vater den Haushalt in Erlangen führte.
Wegele, KarlKarl Wegele-18591929Wegele, Karl (1859–1929), Sohn des Historikers Franz Xaver Wegele (1823–1897), Patenkind Karl Hegels, Arzt, Leiter des Sanatoriums für Magen- und Darmkranke in Bad Königsborn bei Unna in Westfalen.
Wegele, Franz XaverFranz Xaver Wegele
HiKo
11930313218231897Wegele, Franz Xaver (1823–1897), in Landsberg am Lech geborener Historiker, der an den Universitäten München und Heidelberg studierte und sich im Jahre 1849 habilitierte. Von 1851 bis 1857 war er außerordentlicher Professor der Geschichte an der Universität Jena, von 1857 bis zu seinem Tode ordentlicher Professor an der Universität Würzburg. Im Jahre 1858 gehörte er, ein Freund Karl Hegels (1813–1901), zu den Gründungsmitgliedern der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und war von 1873 bis 1897 einer der Redakteure bei der Allgemeinen Deutschen Biographie (ADB).
Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher
Susanna Maria Hegel, geb. Tucher116146891918261878Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher (1826–1878), häufig „Susette“ genannt, Tochter Johann Sigmund Karl Tuchers (1794–1871) und Maria Magdalena Tuchers, geb. Grundherr (1802–1876), Ehefrau Karl Hegels (1813–1901); siehe auch: Tucher, Susanna Maria.
Hegel, Sigmund (Mundel, Mundulus, Munerle)Sigmund Hegel11657085718631945Hegel, Sigmund (1863–1945), sechstes Kind (zweiter Sohn) Karl (1813–1901) und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878), Mitglied des Corps Onoldia in Erlangen, Chemiker, Kaiserlicher Geheimer Regierungsrat am Reichspatentamt in Berlin.
Klein, FelixFelix Klein11856286X18491925Klein, Felix (1849–1925), in Düsseldorf geborener Mathematiker, der von 1872 bis 1875 ordentlicher Professor an der Universität Erlangen war, dann bis 1880 an der Technischen Hochschule München, bis 1886 an der Universität Leipzig und bis 1913 an der Universität Göttingen, Ehemann Anna Maria Carolina Kleins, geb. Hegel (1851–1927).
Lommel, Luise, geb. Hegel
Luise Lommel, geb. Hegel-18531924 Lommel, Luise, geb. Hegel (1853–1924), Ehefrau des Physik- und Mathematik-Professors Eugen Lommel (1837–1899); siehe auch: Hegel, Luise (1853–1924).
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Neroberg50.0986371,8.2304226Etwa zwei Kilometer nordwestlich der Wiesbadener Innenstadt am Südabhang des Taunus gelegener, knapp 250 Meter hoher Berg, der Ersberg, der im 19. Jahrhundert seinen Namen unter Bezugnahme auf die römische Geschichte Wiesbadens erhielt.
RheinCirca 1233 Kilometer langer, im Schweizer Kanton Graubünden entspringender Fluß im Westen des Gebietes des Deutschen Bundes, von der Schweiz, durch den Bodensee, am Ende durch die Niederlande fließend und in die Nordsee mündend.
Königsborn52.1328752,11.7603469Etwa 15 Kilometer südwestlich von Pietzpuhl, etwa 20 Kilometer südwestlich von Burg und etwa zehn Kilometer östlich von Magdeburg gelegene Gemeinde im Jerichower Land, die von 1807 bis 1814 zum napoleonischen Königreich Westphalen gehörte und 1815 wieder an das Königreich Preußen fiel. Im Jahre 1834 erwarb der Magdeburger Kaufmann und Unternehmer Johann Gottlob Nathusius (1760-1835) als Großgrundbesitzer Gut und Schloß Königsborn, das sein Sohn Wilhelm Engelhard Nathusius (1821-1899) bis zu seinem Verkauf im Jahre 1889 als Landwirt und Tierzüchter bewirtschaftete.
WestfalenLandschaft im Nordwesten Deutschlands, vom Münsterland im Norden bis zum Sauerland im Süden, vom Rhein im Westen und der Weser im Osten reichend, mit dem Ruhrgebiet als Zentrum, seit 1815 Provinz des Königreichs Preußen.
Baden-Baden48.7610716,8.239959Etwa 150 Kilometer nördlich von Badenweiler und etwa 45 Kilometer südlich von Karlsruhe im Nordschwarzwald gelegene ehemalige Haupt- und Residenzstadt der Markgrafschaft Baden-Baden und im 19. Jahrhundert aufstrebende internationale Kur- und Bäderstadt mit Bahnanschluß seit 1845.
Biebrich50.0397547,8.2339039Etwa sechs Kilometer südlich von Wiesbaden am Rhein gelegene Kleinstadt mit barockem ehemaligen Residenzschloß der Fürsten von Nassau aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Mainz50.0012314,8.2762513Etwa 40 Kilometer westlich von Frankfurt am Main gelegene alte kurfürstliche Residenz-, Festungs- und Bischofsstadt am Rhein, die ab 1816 zum Großherzogtum Hessen gehörte.
Rochester51.3883811,0.504925Etwa 50 Kilometer südöstlich von London gelegene alte Stadt an dem Medway in der Grafschaft Kent.
Düsseldorf51.2254018,6.7763137Ehemalige Bergische Residenzstadt am Rhein, etwa 36 Kilometer nördlich von Köln gelegen, Stadt der preußischen Rheinprovinz ab 1822 mit Parlaments- und Verwaltungssitz, während der Sitz des Oberpräsidenten in Koblenz war.
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
Römerbad (Wiesbaden)Hotel und Bad in Wiesbaden.
KochbrunnenSeit der Römerzeit bekannte, im Jahre 1823 gefaßte heißeste Thermalquelle in der Stadt Wiesbaden. Seit dem 19. Jahrhundert ist die 1887/88 gebaute Anlage des Kochbrunnen-Pavillons zentraler Ort für die Trinkkuren
Kurgarten (Wiesbaden)Im Jahre 1852 im Stil eines englischen Landschaftsgartens angelegter Kurpark hinter dem 1810 als Gesellschaftshaus errichteten „Alten Kurhaus“ („Cursaal“) östlich des Bade- und Kurzentrums.
Neroberg-Bahn (Wiesbaden)In den Jahren 1887/88 gebaute Drahtseilbahn, die mit Wasserballast betrieben wurde und vom Nerotal auf den Neroberg in Wiesbaden führte.