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Karl Hegel an Sophie Hegel, Erlangen, 14. Juni 1894

Meine liebe Sophie!

Ich danke Dir für Deine lieben Glückwünsche und das Geschenk des englischen Buchs, das Du mir geschickt hast. Ich danke meiner lieben Enkelin Lisbeth für ihren Brief und das hübsche Aquarellbild, das sie in englischer Manier so gut ausgeführt hat: man athmet frische Seeluft, wenn man es ansieht. Ich danke der verehrten Mrs. Piper und der Familie Piper, insbesondre der liebenswürdigen Ms. Flo1 für ihre freundlichen Grüße.

Marie hat Dir schon geschrieben von meinem Geburtstage2; ich berichte darum nichts weiter davon. Georg, der nicht kommen konnte, besuchte uns dafür am Sonntag. Sein Bedauern, Dich wahrscheinlich nicht sehen zu können, ist groß. Denn er kann höchstens bis 4. August Urlaub bekommen, vorher auf 14 Tage: dann beginnen die Exercitien zum Manöver. Auch Sigmund wirst Du schwerlich sehen. Er beabsichtigt Mitte Juli auf 4 Wochen eine Reise in die Schweiz zu unternehmen und wird uns auf dem Wege dorthin besuchen. Schade, daß er auf der landwirtschaftlichen Ausstellung in Berlin 150 Mark in seiner Brieftasche verlor! Warum mußte er sie doch in dem Überzieher lassen, den er der Wärme wegen über dem Arm trug!

In Kohlgrub habe ich zwei Zimmer im bairischen Hof gemietet. Er hieß vorher der Hinterlinderhof und ist das zweite Kurhaus auf der Höhe, das Dr. Fleischmann (jetzt Obermedicinalrat in Bayreuth) erbaute und einige Jahre selbst verwaltete: nun ist es verkauft. Wegele und Frau haben sich nach einigem Bedenken uns angeschlossen; sie fürchteten uns und unsere Verwandten zu stören, worüber ich ihn beruhigte – Du weißt, daß Lommels das Löffelholz’sche Häuschen gemiethet haben, Eugen aber eine Badekur in Ragaz gebrauchen soll. Schönprunns werden wahrscheinlich gleichfalls im August in Kohlgrub sein und in demselben Hause wie wir wohnen; vielleicht auch der Präsident Harsdorf.

Ich habe unsere Anna dringend eingeladen, falls sich Eugenie bereit finden läßt, ihren Haushalt zu besorgen.

Die Adresse von Deine Base Marie von Bitter ist Frau Regierungspräsidentin3 in Oppeln, Oberschlesien. Deine Schutzbefohlene ist einstweilen in London bei Freunden gut untergebracht. Du wirst kaum etwas für sie thun können.

Herzliche Grüße an meine liebe Enkelin  und die Familie Piper.

Das Wetter ist bei uns sehr schlecht, immer trüb, regnerisch und kalt. Wir haben eingeheizt.

Dein Vater.