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Karl Hegel an Georg Hegel, Kohlgrub, 11. August 1894

Mein Sohn Georg!

Du erwartest Nachricht von uns. Wir sind am 1. dieses Monats in der Nacht abgereist und um 1 Uhr nachmittags in Kohlgrub angekommen; von München aus fuhren wir mit Wegele und Frau zusammen. Der Bayerische Hof liegt auf einer Anhöhe über dem Dorf, von wo man auf die benachbarten Berge, Hörnle u. a. so wie auf die Kette der Höheren in der Ferne und auf die Ebene mit Staffel- und Ammersee, weiterhin Starnberger See, einen weiten Ausblick hat. Wir genießen die reine Gebirgsluft. Auch fehlt es uns nicht an guter Unterhaltung. Wir fanden in unserm Gasthof den Oberst a. D. von Schönprunn mit Frau, meine Cousine Helena geborene von Tucher aus Leitheim. Dann kam Fräulein Gräfin Minna von Brockdorf, und es kamen Harsdorfs aus Augsburg, der Präsident des Oberlandesgerichts mit Frau, meine Cousine Wilhelmine. Schon da waren 4 Lommels Kinder mit Walter Zech unten im Löffelholz Häuschen, und es kam am Mittwoch Abend meine liebe Luise selbst mit ihrer Tochter Lisbeth, die mit ihrer Tante Sophie aus England zurückgekommen ist. Immer noch ist unsere Sophie ausgeblieben, da sie sich von Lisbeth am Rhein trennte und nach Göttingen reiste, wo sie sich noch jetzt die Woche hindurch aufhält. Sigmund sah sie dort am Montag nachmittag auf seiner Rückreise nur wenige Stunden; er begrüßte Anna, die von der Hochzeit ihrer Nichte Flender aus Düsseldorf noch rechtzeitig eintraf.

Leider erkrankte mein Freund Wegele hier bei uns an einem Katarrhfieber, das ihn seit mehreren Tagen ans Bett fesselt.

Das Wetter ist wechselnd, heute trüb und kalt, doch hatten wir auch einige schöne warme Tage.

Wie geht es Dir? Wann rückt Deine Compagnie ins Feld? Marie läßt Dich grüßen. Unsere Adresse steht oben.

Dein Vater.