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Gerold Meyer von Knonau an Karl Hegel, Zürich, 20. Juni 1896

Hoch geehrter Herr Professor!

Ihre sehr geehrte aufrichtige Mittheilung vom 17. dieses Monats1 hat mich mit wahrhafter Freude und Genugthuung erfüllt, und ich fühle mich auch vom Inhalt in wahrer Weise ehrenvoll berührt. Empfangen Sie für dieselbe meinen besten Dank! Aber nach reiflicher Überlegung muß ich die Nachricht ertheilen, daß ich dem Rufe nicht folgen kann.

Zwar würde mich eine Thätigkeit auch von wissenschaftlichem Berufe meiner Studien, im Ursprunge, wie sie Herr College von Lexer leistete, durch eine Lehrbetätigung gerade an einer Universität, wie Erlangen, sehr angezogen haben. Ebenso hätte ein Haupterfordernis gar, sich erfüllt. Ich bin, schwerlich bindender Tradition – meine Vorsicht ist in dieser Generation meinerseits seit 1538 als Stiefsohn Zwingli’s, von dessen Seite, sein Doppel –, ein aufrichtiger Angehöriger unserer Züricher Ruhe. Mein Entschluß ist zum Theil dadurch begründet, daß ich zuvor fest durch das Vertrauen meiner Collegen zum Rektor berufen bin.2 Doch weit mehr ist es der Umstand, daß ich die wichtige Position, nicht akademischer Art, in der Nachfolge eines Rufes sehe, wie ja auch Sie sich schützen, dessen Bedenken Sie ahnen. Dem jungen Wyß war nur die Hingabe an die neuen Pflichten stets besonders ehrwürdig: so viel ich es vermag, ihm zu folgen, ist und bleibt mein Wunsch.

Da gerade von Ihnen, hochgeehrter Herr Dekan!, diese Anfrage erhalten zu haben, wird mir zeitlebens eine hohe Ehre und eine schöne Erinnerung sein. Ich spreche Ihnen nochmals den wärmsten Dank dafür aus.

Darf ich Sie ersuchen, Herrn von Bezold meine herzlichsten Grüße auszurichten!

In ausgezeichneter Hochachtung verbleibe ich Ihr ehrwürdigst
ganz ergebener
Gerold Meyer von Knonau.