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Max Lenz an Karl Hegel, Berlin, 30. Juni 1896

Hochverehrter Herr Geheimrath!

Ihrem Wunsche, über von Below Auskunft zu erhalten, komme ich um so lieber nach, da ich demselben in Heidelberg den gleichen Dienst vergebens erwiesen habe. Dort ist er an 2. Stelle genannt worden, und Erdmannsdörffer hoffte, wie er mir schrieb, sehr ihn durchzubringen. Da aber Schäfer annahm, so hatte Below das Nachsehen. Ich kann mir nicht denken, daß die Nachrichten über sein unkollegialisches Wesen begründet sind. Wir in Marburg mochten den jungen Dozenten Alle gerne, die Älteren ebenso wie seine jungen Kollegen. Wir schätzen sein ausgebreitetes und präzises Wissen und verachten ihm nicht den Witz und Sarkasmus, den er, streitbar wie er ist, freilich nicht verbarg. Er zeigte sich aber stets als ein guter Kamerad. Übrigens hat er mir früher mehrfach davon geschrieben, daß er in Münster mit Kollegen von der schwarzen Farbe Reibereien gehabt und daß diese ihm das mit übler Nachrede, auch in höheren Regionen, vergolten hatten. Das begreife ich doch, denn aus seinem protestantischen Herzen hat er niemals ein Hehl gemacht.

Über seine Dozentenwirksamkeit kann ich in Wahrheit nur Gutes berichten. Schon in Marburg hatte er ein gut besuchtes Kolleg und mehrere tüchtige Dissertationen erzielt. Daß er gute Auditorien hatte, schrieb er mir aus Königsberg und Münster mehrfach, und die recht zahlreichen, stets präzis gestellten Dissertationen aus seinem Seminar zeugen doch auch dafür, daß er ein gut anleitender Lehrer sein muß.

Ich kann es nicht anders als einen guten Griff bezeichnen, wenn Ihre Fakultät in den Besitz dieses Gelehrten käme.

Mit Vergnügen benutze ich die Gelegenheit, um Ihnen meinen verbindlichen Dank für Ihre Studie über das Freiburger Stadtrecht zu sagen und Ihnen zugleich den aufrichtigen Ausdruck meiner hohen Verehrungen darzubringen

Ihr ergebenster Lenz.

P. S. Über Höhlbaum und Erler weiß ich kaum zu berichten; Ersterer soll ja vielfach krank sein und am Lehren verhindert.1