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Georg Below an Karl Hegel, Münster, 3. Juli 1896

Hochverehrter Herr Geheimrat!

Auf die Gefahr hin, Ihnen etwas bekanntes zu schreiben, möchte ich nicht unterlassen Ihnen mitzuheilen, daß ich auf Tübingen nicht zu rechnen habe. Es ist Busch ernannt, der an 3. Stelle vorgeschlagen war.

Wie mir Schäfer schreibt, wünschte man einen Dozenten zu haben, (namentlich mit Rücksicht darauf, daß Kugler nicht mehr liest), der vorzugsweise Vorlesungen über neuere Geschichte und zwar in einem für weitere Kreise berahmten Stile zu halten geeignet ist und geneigt ist, wofür ja Busch ganz geeignet ist, Schäfer hat freilich versucht, mich auf die Liste zu bringen. Aber ich muß, nach seinem Briefe zu schließen, persönliche Gegner gehabt haben, die das verhindert haben.

In Bonn ist, wie ich nachträglich erfahren habe, auch der Versuch gemacht worden, mich auf die Liste zu bringen. Hier hat es Nissen verhindert, weil – ich über seinen Lehrer und Freund Nitzsch ungünstig geurteilt habe! Ein berechtigter Grund ist das natürlich nicht. Denn über Nitzsch’ Verdienste um die alte Geschichte – die doch allein für Nissen in Betracht kommen können – habe ich ja nie geurteilt. Aber, es ist nun, einmal so! Im übrigen weiß ja niemand besser als Sie zu beurteilen, wie sehrnotwendig es war, dem Nitzsch-Kultus entgegenzutreten. Wie ich Ihnen schon früher schrieb, hatte ich mir auf Tübingen am wenigsten Hoffnung gemacht. Daher war es mir auch keine erhebliche Enttäuschung, als ich die Nachricht von der erfolgten Besetzung der tübinger Professur erhielt.

Daß mich nach Erlangen sehr große Sehnsucht zieht, ist Ihnen bekannt. Hoffentlich ist zwischen meiner Sehnsucht und meinen Aussichten kein zu großer Zwischenraum vorhanden.

Indem ich mich Ihrem freundlichen Wohlwollen empfehle, bleibe ich
in größter Verehrung
Ihr ergebenster
Georg von Below.