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Karl Hegel an Georg Hegel, Erlangen, 1. September 1897

Mein Sohn Georg!

Sowohl Deinen früheren Brief, worin Du uns die Übungen bei Hammelburg und Kissingen sehr interessant beschriebst – ich habe ihn nicht zur Hand – wie den vom 29. August aus Heugrumbach – ich fand den Ort auf meiner Karte – haben wir richtig erhalten, den ersteren über Erlangen in Hohen Aschau, den letzteren heute hier.1 Seit Montag den 30. August abends kamen wir aus unserer Sommerfrische zurück, Marie und Sophie mit mir. Ich war froh wieder zu Hause zu sein, da es mir in der letzten Woche gar nicht gut ging, ich muß mich erkältet haben; ich litt an Darmkatarrh, trank viel Rothwein und zog mir eine starke Erkältung zu, von der ich erst heute durch ärztliche Hülfe befreit wurde; auch hat mir Dr. Hetzel durch Ausspülung des Ohrs das Gehör wieder verschafft. Derartige Leiden stellen sich ja leicht im höheren Alter ein. In Hohen Aschau war es übrigens recht schön, umgeben von Wiesen, Wald und Hochgebirg, in einem guten Gasthaus und unterhaltender Gesellschaft. Seit 15. August waren ja auch Lommels da, die ein sauberes Bauernhaus bewohnten; Gottlieb und Felix fehlten, ersterer ist mit dem Leibregiment aus München abgezogen, letzterer ist Unterassistent (Trichine, wie man hier sagt) am Spital bei Leube in Würzburg. Lommel ist gesund und frisch, ebenso unsere gute Luise mit ihren prächtigen Kindern.

Was war das für eine herrliche silberne Hochzeit, zu der wir am 6. – 8. August aus Hohen Aschau herüber kamen2; auch Anna und Felix waren dabei. Doch was rede ich davon, da Du mit Marei selbst zu dem schönen Familienfeste kamet und es selbst mit erlebtet?

Heute hatten wir einen schönen sonnigen Tag, der auch einen gleichen für morgen verspricht, da Nürnberg in vollstem Glanz die kaiserlichen Majestäten empfangen wird. Dann beginnt erst das eigentliche Manöver, das wie für die Truppen auch für die Führer manche Anstrengungen bringen wird. Die Gegenstellung von Preußen und Baiern erweckt den Wetteifer, aber auch die Eifersucht um den Ruhmeskranz! Wir werden ja von Dir manches Interessante hören von dem was Du gesehen und erlebt. Am 11. September kommst Du nach Bamberg zurück. Marei aber bleibt noch länger in Steben. Schade, daß Sophie sie nicht sehen wird! Gern folgen wir Deiner Einladung nach Bamberg, natürlich wirst Du Dir ohne die Hausfrau nicht viel Umstände um unseretwillen machen. Über den Tag wird Dir Sophie noch schreiben, da sie wahrscheinlich schon ihre Zurückreise damit verbinden wird; sie soll auch noch nach Schweinfurt zu Georgs3 und nach Höchst zu Eugenie Sartorius kommen.

Wir grüßen Dich bestens und wünschen Dir die schönsten Erfolge.

Dein Vater.