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Rochus Liliencron an Karl Hegel, Schleswig, 19. Januar 1898

Hochverehrter Herr College!

Als Ihr Brief vom 10. des Monats1 hier einging, war ich eben auf 8 Tage in Geschäften nach Kiel gereist, wo in den „octavis trium regnum“ die ritterschaftlichen und die Geldgeschäfte der Provinz altem Herkommen2 gemäß besorgt werden. Damit wollen Sie entschuldigen, daß ich Ihnen erst heute dankend antworte. Zugleich erhielt ich einen Brief von Frau G. R. von Wegele.3

Ich habe an Graf DuMoulin-E. geschrieben, habe ihm auch zugleich allerlei Mitteilungen gemacht, die ihm für seine Arbeit dienlich sein können.

Unsere Historische Commission wird mehr und mehr heimgesucht. Loßen’s Tod ist jedenfalls geschäftlich ein recht empfindlicher Verlust. Persönlich berühren mich noch schmerzlicher die Nachrichten, die mir Cornelius über sich selbst giebt. Daß er selbst schreiben konnte, zeigt zwar, daß die Wirkungen des Schlaganfalles, von dem er leider berichtet, für den Augenblick noch nicht zu schwer waren. Aber er meint doch, die Geschäfte des Secretariates niederlegen zu müßen, weil ihm alles Arbeiten untersagt sei. Wird auch er uns schon definitiv genommen sein?! Wie verödet wird es für die, die dann noch kommen können, an unserem pfingstlichen Tisch aussehen!4 Ich mag gar nicht daran denken und doch drängt sich mir immer wieder die Frage auf, wie wir dann unseren Kreis weiter steuern sollen.

In herzlicher Verehrung
sehr ergebenster
Rochus von Liliencron.