Im Interesse eines hiesigen Freundes, des Ihnen wohl durch sein Buch über Machiavelli bekannten Dr.Oreste Tommasini, erlaube ich mir Ihre Güte in Anspruch zu nehmen.
Im Herbst vorigen Jahres fand Tommasini auf der Hofbibliothek zu Wien eine bisher wenig beachtete Uebersetzung von Macchivelli’s Mandragola unter dem Titel „Der Mann ohne Kinder, ein Lustspiel in Jamben 1808.“ In dem Vorworte ist die Rede von einer Ausgabe desselben Werkes vom Jahr 1806 unter anderem Titel. Tommasini möchte den Uebersetzer kennen, der im ganzen das Original | sehr gut uebersetzt hat, aber sich doch auch erlaubt hat, aus dem Frater Timotes einen Pater Benedict zu machen und die Frau aus dem Volke in eine Bettelwitwe umzuwandeln. Vielleicht, das war seine erste Vermuthung, würde die Ausgabe von 1806 Aufschluß geben, wo dabei er also nachgeforscht hat. Auf meinen Rath wandte sich T. an Erich Schmidt in Berlin, welcher uns die hier beiliegende Antwort gab.2 Sie ersehen aus diesem daß Schmidt eine Ausgabe von 1806 nur von 1809 fand und zwar in Erlangen erschienen, und daß er aus bestimmtem Grunde mich an Sie gewiesen hat.
Sollte sich in Erlangen ein Exemplar finden, so wäre es wohl am praktischsten, da ich oder Tommasini in einem Gesuch um Zusendung desselben nach Rom bitten; eventuell könnte solches Gesuch auch von einer der hiesigen Staatsbibliotheken gestellt werden. Wir würden da | ganz Ihrem freundlichen Rathe folgen.
Ich wünschte daß diese Zeilen Sie, hochgeehrter Herr College, so wohl und rüstig antreffen, wie ich Sie zuletzt in München gesehen habe, und ich freue mich sehr darauf, Sie als den Senior unseres Kreises auf unserer nächsten Versammlung wiederzusehen.3 Empfangen Sie im voraus Dank für Ihre Bemühung im vorliegenden Falle.
Mit ausgezeichneter Hochachtung und mit collegialem Gruß.
Ihr ganz ergebener Sickel.4
1Teilweise mit senkrechten Linien als Randmarkierungen auf der zweiten Seite die angefragte Publikation betreffend; Hervorhebungen wohl von Karl Hegels Hand zu Recherchezwecken. 2Antwort liegt nicht mehr bei. 3Während der 39. Plenarversammlung der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, die vom 3. bis 5. Juni in München tagte; vgl. Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 43.4Notiz Hegels am unteren Briefende zur angefragten Publikation: „Heinsius Bücherlexikon IV S. 315 Der Mann ohne Kinder Lustspiel in Jamben gr. 8 Erlangen Breuning 1807. Breuning in Erlangen – Heyder und Zimmer in Frankfurt am Main, seit 1881 in Homburg vor der Höhe.
Sickel, TheodorTheodor Sickel
HiKo
11879702618261908Sickel, Theodor (1826–1908), deutsch-österreichischer Historiker, war seit 1875 Mitglied der Zentraldirektion der MGH und dort auch Leiter der „Diplomata“-Abteililung; seit 1855 lebte er, ursprünglich geboren in Akten/Elbe, nach Forschungsaufenthalten in Frankreich (als politischer Emigrant), der Schweiz und dem damals noch österreichischen Mailand in Wien, wo er 1857 Extraordinarius wurde und Mitglied des 1854 gegründeten Instituts für Österreichische Geschichtsforschung; 1867 wurde er Ordinarius, 1869 avancierte er zum Direktor des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung und blieb es bis 1891, um von da an bis 1901 das durch ihn 1881 gegründete Österreichische Historische Institut in Rom zu leiten. 1898 wurde er überdies zum Vorsitzenden der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München gewählt. Dieses Amt hatte er bis zu seinem Todesjahr 1908 inne.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Rom (Roma)41.8933203,12.4829321 Nahe der Westküste der Apeninnen-Halbinsel in Mittelitalien gelegene Hauptstadt des antiken Römischen Reiches, die 1871 Hauptstadt des neuen Königreiches Italien wurde. Der Vatikan als Stadtteil Roms war zugleich Sitz des Papstes als Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche.
Neuhaus, Helmut: Karl Hegels Gedenkbuch. Lebenschronik eines Gelehrten des 19. Jahrhunderts, Köln, Weimar, Wien 2013
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Neuhaus, Helmut: Karl Hegels Gedenkbuch. Lebenschronik eines Gelehrten des 19. Jahrhunderts, Köln, Weimar, Wien 2013.2013
Machiavelli, NiccolòNiccolò Machiavelli11857577514691527Machiavelli, Niccolò (1469–1527), in Florenz geborener Politiker, Diplomat, Schriftsteller und Philosoph.
Tommassini, Oreste18441919Tommasini, Oreste (1844–1919), war ein italienischer Bibliothekar und Politiker.
Schmidt, Erich18531913Schmidt, Erich (1853–1913), war als Schüler des Germanisten Wilhelm Scherer (1841–1886) ein deutscher Literaturwissenschaftler. Von 1875 an wirkte er zunächst als Privatdozent, seit 1877 als außerordentlicher Professor für deutsche Philologie in Straßburg. 1880 wurde er ordentlicher Professor in Wien. 1885 übernahm er das Direktorium des Goethe-Archivs in Weimar, um dann 1887 an die Universität Berlin zu wechseln.
Wien48.2083537,16.3725042An der Donau gelegene Hauptstadt des Kaiserreichs Österreich.
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
Hofbibliothek (Wien)Aus mehreren Büchersammlungen der Habsburger seit dem 14. Jahrhundert entstandene Bibliothek, die an verschiedenen Orten innerhalb und außerhalb der Residenzstadt Wien bestand und der ab 1575 ein offizieller Bibliothekar vorstand. Im Kaisertum Österreich des 19. Jahrhunderts war sie hauptsächlich in der Wiener Hofburg untergebracht, wurde neu organisiert und diente mehr und mehr der wissenschaftlichen Forschung.
MandragolaFünfaktige Komödie von Niccolò Machiavelli (1469-1527).
LustspielLustiges Drama, Schauspiel, Komödie.
JambusAuf die antike Verslehre zurückgehender Versfuß, der aus zwei Verselementen besteht und bei welchem auf ein Breve (kurz/leicht) ein Longum (lang/schwer) folgt. In der im Deutschen und auch in anderen modernen Sprachen angewendeten akzentuierenden Metrik ist der Jambus ein Zweisilbler, der aus einer unbetonten und einer darauffolgenden betonten Silbe gebildet wird.
Volk, VölkerGewachsene, durch gemeinsamen kulturellen, auch sprachlichen Hintergrund verbundene große Gemeinschaft von Menschen; Bevölkerung eines Landes oder Staatsgebiets, Masse der Angehörigen einer Gesellschaft; auch: breite Masse innerhalb der Gesellschaft eines Landes oder Staatgebiets.
Rath, RätheRat einer Stadt, Stadtrat; mit Erstarken der Zünfte gegenüber den alteingesessenen Geschlechtern bzw. ratsfähigen Patriziergeschlechtern oftmals fortschreitende Differenzierung in z. B. den „Äußeren“, „Großen“, „Neuen“ oder „Jungen“ Rath/Rat, wohingegen der eigentliche, in dem die wichtigen laufenden Geschäfte rund um die Stadtleitung bzw. -verwaltung erfolgten nunmehr als „Kleiner“, „Enger“ oder „Alter“ Rath/Rat bezeichnet wurde; in einer weiteren Unterscheidung konnten auch noch Ausschüsse hinzutreten, die bisweilen auch „Geheimer Rath“ bzw. „Geheimer Rat“ genannt wurden; auch Bezeichnung für ein Mitglied dieses Rat(h)es; Berater eines Herrschers auch als Gremium oder Regierungsbehörde (z. B. Hofrat, Geheimrat); auch: Ratschläge.
Mehrere Registerverweise
Zitierempfehlung
Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers Karl Hegel (1813-1901), bearbeitet von Helmut Neuhaus und Marion Kreis