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Karl Hegel an Karl Uhlirz, Erlangen, 20. Februar 1898

Geehrter Herr!

Bestens danke ich Ihnen für Ihren übersandten Aufsatz über Neuere Literatur des deutschen Städtewesens. Von den vorausgehenden erhielt ich nur den ersten von 1894; die dazwischen liegenden fehlen mir leider.

Sie erweisen sich als einen trefflichen Kenner auf dem Gebiet, auf dem ich seit über 50 Jahren arbeite. Mit Ihren reiflich abgewogenen Urteilen über die Erscheinungen der neueren Litteratur stimme ich in der Regel überein. Bei Nr. 60 kommen Sie auf die Radolfzeller Urkunde zurück. Ich sehe daraus, daß Ihnen Alberts Buch, Geschichte der Stadt Radolfzell. 1896, worin das von ihm versprochene Facsimile gegeben ist, noch unbekannt geblieben ist. Mir ist es ebenso gegangen, wie Sie in meiner so eben erschienenen Schrift, Entstehung des deutschen Städtewesens, finden werden. Das Buch ist, wie es scheint, nicht in den Buchhandel gekommen, es war in keinem Bücherverzeichnis angezeigt. Durch eine Bemerkung im letzten Heft des Neuen Archivs der Gesellschaft für deutsche Geschichtskunde darauf aufmerksam gemacht, ließ ich es mir kommen. Das Facsimile beweist verschiedene gröbliche Lesefehler, die Schulte in seinem Abdruck begangen hat; der wichtigste ist in dem viel besprochenen Satz: ut jus fori ponat, wo deutlich nicht nisi oder nec, sondern ut steht; doch wird der Sinn durch nec, wie Sie vermuteten (im ersten Aufsatz S. 12), kaum verändert.1 Hierbei bedaure ich nun sehr, daß mir Ihre Ausführung über die Urkunde am angegebenen Ort völlig aus dem Gedächtnis entfallen war, als ich das niederschrieb, was in meiner neusten Schrift S. 131 über den Sinn der betreffenden Stelle steht; ich hoffe später einmal Gelegenheit zu finden, das hier Versäumte nachzuholen. Ihre Auslegung hat sich Albert in seinem Buche S. 39 jetzt angeeignet, während ich seiner früheren gefolgt bin. Was mir bei der Ihrigen Bedenken erregt, ist, daß dabei in dem Satz: jus fori ponat vel suscipiat, jus fori in zwiefachem Sinne verstanden wird, einmal, bei ponat, als Verfahren und das andere mal, bei suscipiat, als Büßen.

Hochachtungsvoll
Karl Hegel.