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Karl Hegel an Georg Hegel, Erlangen, 5. Juli 1898

Mein Sohn Georg!

Wir haben lange nichts von Euch gehört und jetzt ist plötzlich Dein Geburtstag1 da! Meine innigen Glückwünsche sende ich Dir zu diesem. Du hast wahrlich von Glück zu sagen. Ich will Dir das nicht im einzelnen vorrechnen, aber das Beste ist jedenfalls ein gutes und liebes Weib. Möge Euch solches Glück lange ungetrübt bleiben! Jetzt gerade auf der Reise seid Ihr, wie es scheint, nicht sehr durch das Wetter begünstigt. Bei uns war es meist regnerisch, gestern und heute sogar kalt. Wenn die dicken Wolken über die Berge herüberziehen, seht Ihr nichts von Alpen und Gletschern und im Wirtshaus zu sitzen ist ungemüthlich und langweilig. Treibt Euch das nicht früher nach Hause? Ihr habt viel versäumt in Bamberg: große Feste bei Anwesenheit des Prinzregenten vom 2. – 4. dieses Monats. Seht Ihr die Zeitungen oder seid Ihr ganz abgeschieden von der Welt? Bei St. Juan di Cuba schlagen sich die Amerikaner und Spanier, die Spanier sind tapfer, aber ihre Führer und die Regierung mit Blindheit geschlagen; nichts rettet sie mehr vor der Niederlage.2

Marie wird Euch schreiben von dem lieben Besuch der Anna, den wir gestern und heute hatten. Reichenhall hat Ihr gut getan und einzelne schöne Tage hat sie auch gehabt, aber den Watzmann in Berchtesgaden konnte sie nur hinter Wolken versteckt nicht zu Gesicht bekommen. Heute Mittag reiste sie von hier ab.

Das Dir bestimmte Geburtstagsgeschenk werde ich Dir seiner Zeit in Bamberg übergeben.

Hoffentlich seid Ihr, wenn nicht vergnügt, doch wenigstens gesund und in Hoffnung guten Muts.

In Treue
Euer Vater.