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Karl Hegel an Sigmund Hegel, Erlangen, 23. April 1899

Lieber Sigmund!

In Deinem neusten Brief1 hat mich Dein Plan mit Frau und Kind uns hier zu besuchen und einen Aufenthalt in unserer fränkischen Schweiz zu nehmen hoch erfreut. Die Zeit Deines Urlaubs wird, wie ich glaube, in den Monat Juli fallen. Der Ort, der am besten zu wählen, wäre noch zu ermitteln. Vielleicht ist es nicht gerade Muggendorf, der noch in freundlicher Erinnerung bei Dir steht, denn er ist gewöhnlich mit Juden aus der Umgegend erfüllt; das Kurhaus ist ganz von ihnen besetzt. Es wäre noch an Behringer- oder an Schuttermühle, vielleicht an Egloffstein zu denken. Wir werden uns danach erkundigen und vielleicht auch selbst umsehen; man muß sich eine Zeit vorher eine passende Wohnung versichern. Ich denke, Ihr werdet etwa eine Woche bei uns in Erlangen bleiben, wo das Gastzimmer im Hause bereit ist und wir könnten Euch auf  kurze Zeit begleiten.

Wir haben noch anderes vor. Anna will Mitte Mai nach Reichenhall gehen, um die Kur, die ihr im vergangenen Jahre gut gethan, in diesem heutigen zu wiederholen. In der Pfingstwoche komme ich zu den Sitzungen2 nach München und ich denke von dort aus mit Marie gleichfalls in Reichenhall mit Anna zusammen zu kommen. Die Gebirgsluft und wohl auch der Gebrauch der Soolbäder werden Marie wohl thun; sie erholt sich nur langsam; das kalte und regnerische Wetter der letzten Wochen war sehr ungemütlich und hinderlich, doch ist sie zu Fuß jeden Tag mit mir ausgegangen. Seit vierzehn Tagen sind wir wieder allein. Mariechen Löffelholz, eine treffliche Pflegerin und Gesellschafterin wurde durch Luise Klein, ein reizendes jugendfrisches Menschenkind, abgelöst, die beinahe zwei Wochen bei uns blieb. Sie ist jetzt bei Lommels und hat in einen par guten Tagen mit Lisbeth und August einen Ausflug nach Partenkirchen gemacht. Georg hat mir gestern geschrieben, daß er mit Marie nach Hof reist, um die Hochzeit von Fräulein Hüttner mit Herrn von Welck, Consulatssekretär in Genua, mit zu feiern; die von Welck’sche Verwandtschaft, die Tuchers von der Feldmühle, werden dabei sein.

Seid herzlich gegrüßt von Eurem

 Vater.