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Karl Hegel an Kuno Fischer, Erlangen, 17. Oktober 1901

Excellenz!
Hochverehrter Herr Geheimerrath!

Mit großer Freude habe ich die achte und Schlußlieferung Ihres schönen Werkes1 erhalten. Sie ist mir sogar zweimal zugekommen, da die Verlagsbuchhandlung mir bereits ein Exemplar im Namen des Verfassers zugeschickt hatte; ich sende daher das eine doppelt dankbar zurück. Die Vollendung Ihres Werkes noch erlebt zu haben, betrachte ich als ein besonderes Glück. Sie sind meinem Vater in aller Weise gerecht geworden und haben auch seinen persönlichen Charakter gegen falsche Verunglimpfung geschützt. Mit voller Genugthuung habe ich Ihre treffliche Würdigung seiner Philosophie am Schluß gelesen; die Zurechtweisung von Hayms hämischer Kritik ist hier an der rechten Stelle. Oft habe ich mich über sein Buch2 geärgert, um so mehr, als ich selbst ihm auf seine Bitte einiges Material dazu lieferte. Sein schiefes Urteil und noch mehr Schopenhauers neidgeschwollene Schmähungen haben die Meinung vieler Zeitgenossen in Deutschland bestimmt; man glaubte damit die Hegel’sche Philosophie abgethan zu haben. Zur rechten Zeit haben Sie, hochverehrter Herr, die wieder auf den hohen Platz gesetzt, auf die Stelle, die ihr gebührt und die sie immerfort in der Geschichte der Philosophie behaupten wird. Der Sohn des Philosophen dankt Ihnen bewegten Herzens für Ihr herrliches Vermächtnis.

Ew.3 Excellenz
dankbar ergebener
Karl Hegel.